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Monday, June 27, 2022
CR online 06/2022 - BGH v. 22.2.2022 - VI ZR 14/21-0, BGH: Schutz Dritter bei Auskunft nach Art. 15 DSGVO
CR online 06/2022 - BGH v. 11.1.2022 - VIII ZR 33/20, BGH: Substantiierung der durch Software-Update verursachten Folgeschäden
GG Art. 103 Abs. 1; BGB § 440 Satz 1 Alt. 1, § 326 Abs. 5
Zur Überspannung der Substantiierungsanforderungen an die Darlegung von Folgeschäden, die durch ein Software-Update zur Beseitigung einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei Dieselfahrzeugen hervorgerufen werden.
BGH, Beschluss vom 11. Januar 2022 - VIII ZR 33/20 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
GRUR Prax 11/2022(8. Juni 2022) - BGH 15.3.2022 – X ZR 45/20 Berücksichtigung von erstmals in der Berufungsinstanz vorgelegten Entgegenhaltungen (Arno Grohmann/Jannik Nowotny)
Windturbinenschaufelmontage
PatG § 117; ZPO § 531 Abs. 2
Eine Nichtigkeitsklägerin, die in der Klagebegründung unter Bezugnahme auf eine konkrete Entgegenhaltung vorgetragen hat, der Gegenstand eines nachgeordneten Patentanspruchs sei nahegelegt, ist bis zu einem abweichenden gerichtlichen Hinweis grundsätzlich nicht gehalten, sich auf weitere Entgegenhaltungen in Bezug auf diesen Anspruch zu berufen, wenn das Patentgericht in dem gemäß § 83 Abs. 1 PatG erteilten Hinweis mitgeteilt hat, der Gegenstand der nachgeordneten Ansprüche sei ebenso wie der Gegenstand des Hauptanspruchs voraussichtlich als nicht patentfähig zu beurteilen.
BGH, Urteil vom 15. März 2022 - X ZR 45/20 - Bundespatentgericht
GRUR Prax 11/2022(8. Juni 2022) - EuGH 9.2.2022 – C-35/21 Bulgarisches System zum Schutz geografischer Lebensmittelnamen verstößt gegen EU-Recht (Volker Schoene)
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:
Die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel ist dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die ein nationales System für die Eintragung und den Schutz qualifizierter geografischer Bezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vorsieht, die in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, das nur auf Rechtsstreitigkeiten angewendet werden soll, die Verletzungen von Rechten aus diesen Bezeichnungen betreffen, und bei denen sich Händler dieses Mitgliedstaats gegenüberstehen, die in dessen Hoheitsgebiet Erzeugnisse produzieren, für die diese Bezeichnungen nach dieser Regelung eingetragen worden sind.
GRUR 12/2022(16. Juni 2022) - BGH 7.4.2022 – I ZR 143/19 Anzuwendende Rechtsnorm bei Informationspflichtverletzung hinsichtlich kommerzieller Kommunikation – Knuspermüsli II
Knuspermüsli II
UWG § 3a, § 5a Abs. 2 Satz 1, Abs. 4; Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2, Art. 33 Abs. 2 Unterabs. 2
a) In Fällen der Verletzung einer Informationspflicht in Bezug auf kommerzielle Kommunikation ist die Unlauterkeit allein nach § 5a Abs. 2 und 4 UWG und nicht nach § 3a UWG zu beurteilen (Aufgabe von BGH, Urteil vom 31. Oktober 2013 - I ZR 139/12, GRUR 2014, 576 Rn. 15 = WRP 2014, 689 - 2 Flaschen GRATIS; Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 10. Februar 2022 - I ZR 38/21, GRUR 2022, 500 [juris Rn. 60 bis 66] = WRP 2022, 452 - Zufriedenheitsgarantie).
b) Die Gewährung einer Aufbrauchfrist setzt voraus, dass dem Schuldner eines Unterlassungsanspruchs durch ein sofort mit der Zustellung des Titels uneingeschränkt zu beachtendes Verbot unverhältnismäßige Nachteile entstehen und die Belange sowohl des Gläubigers als auch der Allgemeinheit durch eine befristete Fortsetzung des Wettbewerbsverstoßes nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. In der danach erforderlichen Interessenabwägung kann sich zu Lasten des Schuldners auswirken, dass er sich aufgrund einer Verurteilung in den Vorinstanzen oder aufgrund des Verlaufs des Revisionsverfahrens, etwa wegen einer vom Senat veranlassten Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union, auf einen für ihn ungünstigen Ausgang des Revisionsverfahrens einstellen konnte und musste (Fortführung von BGH, Urteil vom 16. November 1973 - I ZR 98/72, GRUR 1974, 474, 476 [juris Rn. 23] = WRP 1974, 85 - Großhandelshaus; Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 89/12, GRUR 2013, 1254 Rn. 44 = WRP 2013, 1596 - Matratzen Factory Outlet; Urteil vom 10. Mai 2016 - X ZR 114/13, GRUR 2016, 1031 Rn. 42 - Wärmetauscher).
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 143/19 - OLG Hamm
LG Bielefeld
GRUR 12/2022(16. Juni 2022) - BGH 12.5.2022 – I ZR 203/20 Keine Irreführung durch Konsumentenbefragung – Webshop Awards
Webshop Awards
UWG § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1
a) Eine geschäftliche Handlung, die eine im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 UWG unwahre Angabe enthält, kann unabhängig davon im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG irreführend sein, ob diese Angabe einen der in § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG aufgeführten Umstände betrifft (Bestätigung von BGH, Urteil vom 19. April 2018 - I ZR 244/16, GRUR 2018, 950 Rn. 41 = WRP 2018, 1069 - Namensangabe; Urteil vom 6. Juni 2019 - I ZR 216/17, GRUR 2019, 1202 Rn. 20 = WRP 2019, 1471 - Identitätsdiebstahl I).
b) Die fehlende Unabhängigkeit oder Neutralität des Veranstalters einer Konsumentenbefragung kann nicht allein daraus gefolgert werden, dass der Veranstalter den zu bewertenden Unternehmen Werbematerialien zur Verfügung stellt, mithilfe derer Verbraucher zur Abgabe einer Bewertung aufgefordert werden können. Zweifel an der Objektivität einer Verbraucherbefragung können sich allerdings dann ergeben, wenn die Werbematerialien geeignet sind, die von den Kunden abzugebende qualitative Bewertung der Unternehmen oder das Abstimmungsergebnis zu beeinflussen.
BGH, Urteil vom 12. Mai 2022 - I ZR 203/20 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
GRUR 12/2022(16. Juni 2022) - EuGH 28.4.2022 – C-319/20 Klagebefugnis von Verbraucherschutzverbänden zur Geltendmachung von Datenschutzverstößen – Meta Platforms Ireland/ Bundesverband (App-Zentrum) (m. Anm. Ansgar Ohly, S. 924)
GRUR 12/2022(16. Juni 2022) - BGH 24.3.2022 – I ZR 16/21 Bestehen des Design-Schutzgegenstands aus der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale – Schneidebrett
Schneidebrett
DesignG § 1 Nr. 1, § 33 Abs. 1 Nr. 1, § 37 Abs. 1
a) Die Auslegung eines Designs kann zu dem Ergebnis führen, dass Abweichungen der Wiedergaben bei der Bestimmung des Schutzgegenstands außer Betracht bleiben müssen und der Schutzgegenstand gleichsam aus der Schnittmenge der allen Darstellungen gemeinsamen Merkmale besteht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 124/10, GRUR 2012, 1139 [juris Rn. 31] = WRP 2012, 1540 - Weinkaraffe; Beschluss vom 20. Dezember 2018 - I ZB 25/18, BGHZ 220, 344 [juris Rn. 17] - Sporthelm; Beschluss vom 20. Dezember 2018 - I ZB 26/18, GRUR 2019, 835 [juris Rn. 31] = WRP 2019, 1032 - Sportbrille). Das gilt auch dann, wenn eine Darstellung Elemente enthält, die auf den anderen Darstellungen nicht zu sehen sind, so dass das in den anderen Darstellungen zu sehende Erzeugnis vollständig in der einen Darstellung enthalten ist.
b) Die Auslegung eines Designs kann ergeben, dass sich der Schutzgegenstand aus mehreren Gegenständen zusammensetzt, die nach der Verkehrsauffassung ein einheitliches Erzeugnis - ein sogenanntes Kombinationserzeugnis - bilden. Dies liegt insbesondere dann nahe, wenn die abgebildeten Einzelgegenstände ästhetisch aufeinander abgestimmt sind und miteinander in einem funktionalen Zusammenhang stehen (Bestätigung von BGH, GRUR 2012, 1139 [juris Rn. 32] - Weinkaraffe). Die Auslegung kann auch lediglich aufgrund einer dieser Eigenschaften - gegebenenfalls unter Einbeziehung weiterer Umstände - zur Annahme eines Kombinationserzeugnisses führen. Maßgeblich ist, welchen Schutzgegenstand die Fachkreise des betreffenden Sektors aus den Darstellungen und den weiteren aus dem Register ersichtlichen Informationen entnehmen.
c) Im Fall eines Kombinationserzeugnisses ist ein isolierter Schutz für die Komponenten des Kombinationserzeugnisses - ohne eine gesonderte Anmeldung - ausgeschlossen, weil das Designrecht keinen Schutz für Teile oder Elemente eines eingetragenen Designs kennt (Bestätigung von BGH, GRUR 2012, 1139 [juris Rn. 28 und 35 bis 40] - Weinkaraffe).
d) Führt die Auslegung nicht zu einem hinreichend klaren Ergebnis und bleibt offen, ob Schutz für einen Einzelgegenstand oder ein Kombinationserzeugnis beansprucht wird, geht die Unklarheit zu Lasten des Anmelders und ist das Design nichtig.
BGH, Urteil vom 24. März 2022 - I ZR 16/21 - OLG München
LG München I
GRUR 12/2022(16. Juni 2022) - BGH 7.4.2022 – I ZR 222/20 Keine Nachvergütung für Erbin des Porsche-Konstrukteurs – Porsche 911
GRUR 12/2022(16. Juni 2022) - BGH 22.2.2022 – X ZR 102/19 Aktivlegitimation infolge des Erwerbs einer ausschließlichen (Unter-)Lizenz – Aminosäureproduktion
GRUR 11/2022(2. Juni 2022) - EuGH 28.4.2022 – C-531/20 Kostenerstattung in Kennzeichenstreitsachen nur bei notwendiger Patentanwaltsmitwirkung – NovaText/Universität Heidelberg (Kosten des Patentanwalts VI)
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:
Die Art. 3 und 14 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung oder einer Auslegung dieser Regelung entgegenstehen, die es dem mit einem unter diese Richtlinie fallenden Verfahren befassten Gericht nicht erlaubt, bei der Beurteilung, ob die der obsiegenden Partei entstandenen Prozesskosten zumutbar und angemessen sind, in jedem ihm vorgelegten Fall dessen spezifischen Merkmale gebührend zu berücksichtigen.
GRUR 11/2022(2. Juni 2022) - EuGH 28.4.2022 – C-559/20 Unionrechtskonforme Streitwertdeckelung bei Urheberrechtsverletzungen – Koch Media/FU
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums ist dahin auszulegen, dass die Kosten, die einem Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums für seine Vertretung durch einen Beistand im Hinblick auf die außergerichtliche Durchsetzung dieser Rechte entstanden sind, wie z. B. die mit einer Abmahnung verbundenen Kosten, unter den Begriff „sonstige Kosten“ im Sinne dieser Bestimmung fallen.
2. Art. 14 der Richtlinie 2004/48 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die vorsieht, dass in einem Fall, in dem die Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums von einer natürlichen Person außerhalb ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit begangen wurde, die Erstattung der „sonstigen Kosten“ im Sinne dieser Bestimmung, auf die der Inhaber dieses Rechts Anspruch hat, pauschal auf der Grundlage eines durch diese Regelung begrenzten Streitwerts berechnet wird, sofern nicht das nationale Gericht der Ansicht ist, dass die Anwendung einer solchen Begrenzung unter Berücksichtigung der spezifischen Merkmale des ihm vorgelegten Falles unbillig sei.
GRUR 11/2022(2. Juni 2022) - BGH 7.4.2022 – I ZR 217/20 Keine irreführende Angabe mit ärztlicher Praxisbezeichnung – Kinderzahnarztpraxis
Kinderzahnarztpraxis
UWG § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Fall 2 Nr. 3
Das vom Tatgericht ermittelte Verkehrsverständnis, nach dem die angesprochenen Verkehrskreise bei einer Werbung mit der Angabe ""Kinderzahnarztpraxis"" erwarten, dass die Ausstattung der Praxis kindgerecht ist und die dort tätigen Zahnärzte für die Belange von Kindern aufgeschlossen sind, aber nicht davon ausgehen, dass diese über besondere fachliche Kenntnisse im Bereich der Kinderzahnheilkunde verfügen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 217/20 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
GRUR 11/2022(2. Juni 2022) - BGH 7.4.2022 – I ZR 5/21 Irreführende Angabe mit ärztlicher Fachqualifikation – Kinderzahnärztin
Kinderzahnärztin
UWG § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Fall 2 Nr. 3
Das vom Tatgericht ermittelte Verkehrsverständnis, nach dem die angesprochenen Verkehrskreise bei einer Werbung mit der Angabe ""Kinderzahnärztin"" in Verbindung mit der Bezeichnung ""Kieferorthopädin"" erwarten, dass die sich so bezeichnende Zahnärztin über eine besondere, gegenüber staatlichen Stellen nachgewiesene Qualifikation im Bereich der Kinderzahnheilkunde verfügt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung einer solchen Fehlvorstellung ist es der Zahnärztin zuzumuten, auf andere Begriffe auszuweichen, die ihre besondere fachliche Qualifikation konkret benennen.
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 5/21 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
GRUR 11/2022(2. Juni 2022) - EuGH 5.5.2022 – C-179/21 Umfassende Informationen über werbewirksame Herstellergarantie durch Online-Händler – Victorinox (Herstellergarantie III)
GRUR 11/2022(2. Juni 2022) - EuGH 26.4.2022 – C-401/19 Vereinbarkeit von Upload-Filter mit Unionsrecht – Polen/Parlament und Rat
GRUR 11/2022(2. Juni 2022) - BGH 29.3.2022 – X ZR 16/20 Keine ausführbare Erfindung bei fehlender Angabe von Mitteln zur Verwirklichung der technischen Lehre – Übertragungsleistungssteuerungsverfahren
Übertragungsleistungssteuerungsverfahren
ZPO § 66 Abs. 1, § 265 Abs. 2; PatG § 30 Abs. 3 Satz 2
Ein rechtliches Interesse an der Verteidigung eines mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Patents ergibt sich schon aus der während des Rechtsstreits erfolgten Eintragung als neuer Inhaber des Streitpatents im Patentregister.
EPÜ Art. 83; IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; PatG § 21 Abs. 1 Nr. 2
Damit ein Fachmann die Erfindung ausführen kann, muss die Patentschrift zumindest ansatzweise erkennen lassen, durch welche Mittel und auf welche Weise die beanspruchte technische Lehre verwirklicht werden kann. Diesem Erfordernis ist nicht genügt, wenn die Patentschrift lediglich stichwortartig ein abstraktes Ziel vorgibt, ohne auch nur andeutungsweise darüber Aufschluss zu geben, wie dieses Ziel erreicht werden kann.
BGH, Urteil vom 29. März 2022 - X ZR 16/20 - Bundespatentgericht