Wie man diesen Blog am besten nutzt
Thursday, November 24, 2022
GRUR Prax 22/2022(16. November 2022) - BGH 8.8.2022 – KZR 111/18 Rückwirkende Satzungsänderung macht Kartellverstoß nicht ungeschehen
VBL-Gegenwert III
GWB 2005 §§ 19, 33 Abs. 3 Satz 4, 5 (= § 33a Abs. 4 GWB); BGB §§ 217, 852
a) Die rückwirkende, wirksame Gegenwertregelung im Satzungsergänzenden Beschluss des Verwaltungsrats der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder vom 18. November 2016 vermag die Wirksamkeit einer früheren Satzung nicht zu begründen; sie macht den zum Schadensersatz verpflichtenden Kartellrechtsverstoß nicht ungeschehen (Fortführung von BGH, Urteil vom 24. Januar 2017 - KZR 47/4, WRP 2017, 563 - VBL-Gegenwert II; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2021 - IV ZR 96/19, BGHZ 231, 179).
b) Zinsen auf kartellrechtlicher Grundlage für einen Schadensersatzanspruch wegen eines Kartellrechtsverstoßes sind vom Hauptanspruch abhängige Nebenleistungen gemäß § 217 BGB.
c) Die Vorschrift des § 852 Satz 1 BGB findet auf Kartellschadensersatzansprüche Anwendung.
BGH, Urteil vom 8. August 2022 - KZR 111/18 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
GRUR Prax 22/2022(16. November 2022) - EuGH 20.10.2022 – C-77/21 Einsatz von Echtdaten zum Test von IT-Systemen kann zulässig sein
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)
ist dahin auszulegen, dass
der darin vorgesehene Grundsatz der „Zweckbindung“ es dem Verantwortlichen nicht verwehrt, in einer zu Testzwecken und zur Behebung von Fehlern eingerichteten Datenbank personenbezogene Daten zu erfassen und zu speichern, die zuvor erhoben und in einer anderen Datenbank gespeichert wurden, wenn diese Weiterverarbeitung mit den konkreten Zwecken vereinbar ist, für die die personenbezogenen Daten ursprünglich erhoben wurden, was anhand der in Art. 6 Abs. 4 dieser Verordnung genannten Kriterien und sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist.
2. Art. 5 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung 2016/679
ist dahin auszulegen, dass
der darin vorgesehene Grundsatz der „Speicherbegrenzung“ es dem Verantwortlichen verwehrt, in einer zu Testzwecken und zur Behebung von Fehlern eingerichteten Datenbank personenbezogene Daten, die zuvor für andere Zwecke erhoben worden waren, länger zu speichern als für die Durchführung dieser Tests und die Behebung dieser Fehler erforderlich ist.
GRUR Prax 22/2022(16. November 2022) - BPatG 27.4.2022 – 29 W (pat) 536/20 Eintragungsfähigkeit der Marke „Huckleberry Gin“
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2018 232 630.0
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2022 hin durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Seyfarth und den Richter Posselt
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
GRUR Prax 22/2022(16. November 2022) - BPatG 19.8.2022 – 25 W (pat) 29/20 Anmeldung kyrillischer Produktmarke durch Importeur nicht bösgläubig
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2016 004 684
(hier: Nichtigkeitsverfahren S 138/16 Lösch)
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. August 2022 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters k. A. Staats, LL.M. Eur., und der Richterin Dr. Rupp-Swienty, LL.M.,
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenabteilung 3.4, vom 30. Januar 2020 aufgehoben, soweit die Eintragung der Bildmarke 30 2016 004 684 für nicht erklärt sowie ihre Löschung angeordnet worden ist (Ziffer 1 des Tenors) und dem Inhaber der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind (Ziffer 2 des Tenors).
2. Der Löschungsantrag wird zurückgewiesen.
3. Der Antrag der Löschungsantragstellerin, dem Inhaber der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
4. Der Antrag des Inhabers der angegriffenen Marke, der Löschungsantragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
GRUR Prax 22/2022(16. November 2022) - BPatG 14.9.2022 – 29 W (pat) 559/19 Täuschungsgefahr setzt keine Absicht voraus
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldunq 30 2019 211 844.1
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 14. September 2022 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Lachenmayr-Nikolaou und die Richterin Seyfarth
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
GRUR Prax 22/2022(16. November 2022) - BPatG 16.8.2022 – 28 W (pat) 57/21 Eine aussichtslose Beschwerde an das BPatG kann eine Kostenentscheidung zu Lasten des Beschwerdeführers rechtfertigen
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 1 117 273 (203/21 Lösch)
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 16. August 2022 unter Mitwirkung des Richters Schödel, der Richterin Berner sowie des Richters kraft Auftrags Dr. Poeppel beschlossen:
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Verfahrens.
GRUR Prax 22/2022(16. November 2022) - BPatG 14.7.2021 – 25 W (pat) 48/21 Eintragungsfähigkeit der Marke „smart2future"
GRUR Prax 21/2022(2. November 2022) - BPatG 24.3.2022 – 25 W (pat) 528/21 Rechtserhaltende Benutzung der Unionswort-/Bildmarke „ALEX“
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2017 105 400
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2022 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, der Richterin Fehlhammer und der Richterin Dr. RuppSwienty, LL.M.,
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 5, vom 14. Dezember 2020 aufgehoben, soweit aufgrund des Widerspruchs aus der Marke UM 000 861 047 die Löschung der Eintragung der Marke 30 2017 105 400 für die Ware „Bürstenmachermaterial“ angeordnet worden ist.
2. Insoweit wird der Widerspruch zurückgewiesen.
3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
4. Auf die Anschlussbeschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 5, vom 14. Dezember 2020 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke UM 000 861 047 gegen die Eintragung der Marke 30 2017 105 400 zurückgewiesen worden ist, als er sich gegen die Ware „Seifen“ richtet.
5. Die Löschung der Eintragung der Marke 30 2017 105 400 wird für die Ware „Seifen“ angeordnet.
GRUR 22/2022(16. November 2022) - BGH 28.7.2022 – I ZR 171/21 Zulässige Bezugnahme auf Fachaussage mit Namensnennung in Werbeanzeige – Reizdarmsyndrom
Reizdarmsyndrom
BGB § 12, § 823 Abs. 1, Abs. 2 Ah, Bf, G, § 1004 Abs. 1 Satz 2
Ein Arzt, der sich mit Fachaussagen selbst in die Öffentlichkeit begeben hat, muss eine Bezugnahme auf diese Fachaussagen in einer Werbeanzeige im Regelfall hinnehmen, soweit er mit den ihm zugeschriebenen Fachaussagen zutreffend zitiert wird und ihn der Durchschnittsleser nicht in einen Zusammenhang mit dem beworbenen Produkt bringt, indem dieser etwa von ""bezahlten"" Äußerungen oder sonstigen geschäftlichen Verbindungen ausginge.
BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 171/21 - OLG Köln
LG Köln
GRUR 22/2022(16. November 2022) - EuGH 13.10.2022 – C-616/20 Einstufung eines kosmetischen Mittels als Funktionsarzneimittel – M2Beauté Cosmetics
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2010/84/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2010 hinsichtlich der Pharmakovigilanz geänderten Fassung
ist dahin auszulegen, dass
eine nationale Behörde bei der Einstufung eines Produkts als „Arzneimittel“ im Sinne dieser Bestimmung die pharmakologischen Eigenschaften dieses Produkts feststellen kann, indem sie sich auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem Strukturanalogon dieses Stoffes stützt, wenn keine wissenschaftlichen Untersuchungen des Stoffes, aus dem das Produkt besteht, verfügbar sind und sofern der Grad der Analogie auf der Grundlage einer objektiven und wissenschaftlich fundierten Analyse die Annahme zulässt, dass ein Stoff, der in einem Produkt in einer bestimmten Konzentration vorhanden ist, die gleichen Eigenschaften aufweist wie ein vorhandener Stoff, für den die erforderlichen Untersuchungen vorliegen.
2. Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 in der durch die Richtlinie 2010/84 geänderten Fassung
ist dahin auszulegen, dass
ein Produkt, das die physiologischen Funktionen beeinflusst, nur dann als „Arzneimittel“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, wenn es konkrete, der Gesundheit zuträgliche Wirkungen hat. Insoweit genügt eine Verbesserung des Aussehens, die durch die Steigerung des Selbstwertgefühls oder des Wohlbefindens einen mittelbaren Nutzen herbeiführt, wenn sie die Behandlung einer anerkannten Krankheit ermöglicht. Dagegen kann ein Produkt, das das Aussehen verbessert, ohne schädliche Eigenschaften zu haben, und das keine gesundheitsfördernden Wirkungen hat, nicht als „Arzneimittel“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden.
GRUR 22/2022(16. November 2022) - EuGH 29.9.2022 – C-633/20 Vermittlungstätigkeit beim Angebot einer Mitgliedschaft in Gruppenversicherung – TC Medical Air Ambulance Agency (Gruppenversicherung)
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung in der durch die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 geänderten Fassung und Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb in der durch die Richtlinie (EU) 2018/411 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2018 geänderten Fassung
sind dahin auszulegen, dass
unter den Begriff „Versicherungsvermittler“ und damit den Begriff „Versicherungsvertreiber“ im Sinne dieser Bestimmungen eine juristische Person fällt, deren Tätigkeit darin besteht, eine freiwillige Mitgliedschaft in einer zuvor von ihr bei einer Versicherungsgesellschaft abgeschlossenen Gruppenversicherung anzubieten, für die sie von ihren Kunden eine Vergütung erhält und die die Kunden zur Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen namentlich im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland berechtigt.
GRUR 22/2022(16. November 2022) - BGH 14.7.2022 – I ZR 121/21 Enger Drittauskunftsanspruch gegen Google bei Markenverletzung durch AdWords – Google-Drittauskunft
Google-Drittauskunft
MarkenG § 19 Abs. 1 und 3; Richtlinie 2004/48/EG Art. 8 Abs. 1 und 2
a) Der Umfang der Auskunftspflichten von Verletzern von Kennzeichenrechten und bestimmten Dritten über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen gemäß § 19 Abs. 1 MarkenG beschränkt sich auf die in § 19 Abs. 3 MarkenG ausdrücklich genannten Angaben. Davon wird die Angabe zum Zeitpunkt der Veröffentlichung einer Werbeanzeige im Internet nicht erfasst.
b) Die Regelung des § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG bezieht die Auskunftspflicht nicht auf Werbemittel und damit nicht auf die Anzahl der Klicks auf eine rechtsverletzende Internetanzeige, mit denen die Internetseite des Bestellers der Anzeige aufgerufen wurde. § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG kann auch nicht analog auf rechtsverletzende Werbemittel angewendet werden.
c) Der Auskunftsanspruch gemäß § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG bezieht sich auf die Preise für rechtsverletzende Dienstleistungen, nicht jedoch auf die Preise für Dienstleistungen gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, die für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzt worden sind. Es besteht daher kein Anspruch auf Auskunft über den Preis, den der Besteller für eine rechtsverletzende Internetanzeige bezahlt hat.
BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 121/21 - KG Berlin
LG Berlin
GRUR 22/2022(16. November 2022) - EuGH 13.10.2022 – C-355/21 Keine Vernichtung von mit Unionsmarke versehenen und mit Zustimmung des Markeninhabers in Verkehr gebrachten Waren – Perfumesco.pl
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums
ist dahin auszulegen, dass
er der Auslegung einer nationalen Bestimmung entgegensteht, wonach eine Schutzmaßnahme, die in der Vernichtung von Waren besteht, nicht bei Waren angewendet werden kann, die mit Zustimmung des Markeninhabers hergestellt und mit einer Unionsmarke versehen worden sind, aber ohne seine Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.
GRUR 22/2022(16. November 2022) - EuGH 13.10.2022 – C-256/21 Zuständigkeit des Unionsmarkengerichts für Widerklage auch bei Rücknahme von Verletzungsklage – Gemeinde Bodman-Ludwigshafen
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 124 Buchst. a und d sowie Art. 128 der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke
sind dahin auszulegen, dass
ein Unionsmarkengericht, das mit einer Verletzungsklage befasst ist, die auf eine Unionsmarke gestützt wird, deren Gültigkeit mit einer Widerklage auf Erklärung der Nichtigkeit angefochten wird, trotz der Rücknahme der Verletzungsklage zur Entscheidung über die Gültigkeit dieser Marke befugt bleibt.
GRUR 21/2022(1. November 2022) - BGH 21.7.2022 – X ZR 110/21 Kein Rechtsschutzbedürfnis für Klage gegen erloschenes Patent für Verfahren zur Gewinnung embryonaler Stammzellen – Stammzellengewinnung
Stammzellengewinnung
PatG § 81
Das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung eines zu Unrecht erteilten Patents rechtfertigt die Nichtigkeitsklage nur solange, als das Recht noch wirksam und in Kraft ist. Ab dem Zeitpunkt, in dem das Recht entfallen ist, ist die Nichtigkeitsklage nur zulässig, wenn dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht. Das allgemeine Interesse an der Sicherung einer gesetzeskonformen Erteilungspraxis des Patentamts - hier hinsichtlich § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG - ist nicht geeignet, ein Rechtsschutzbedürfnis zu begründen (Fortführung von BGH, Beschluss vom 17. April 1997 - X ZB 10/96, GRUR 1997, 615 - Vornapf).
BGH, Urteil vom 21. Juli 2022 - X ZR 110/21 - Bundespatentgericht
GRUR 21/2022(1. November 2022) - EuGH 22.9.2022 – C-335/21 Mandatsvereinbarung mit Klagerücknahmeklausel als „irreführende“ Geschäftspraxis – Vincente/Delia
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt:
1. Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen in der durch die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 geänderten Fassung ist im Licht des Effektivitätsgrundsatzes und nach Maßgabe von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
dahin auszulegen, dass
sie einer nationalen Regelung betreffend ein summarisches Verfahren zur Vollstreckung von Anwaltshonoraren entgegensteht, wenn nach dieser Regelung der gegen den Mandanten/Verbraucher gestellte Antrag Gegenstand einer Entscheidung ist, die von einer nicht als Gericht anzusehenden Stelle erlassen wird, und das Tätigwerden eines Gerichts erst im Stadium eines etwaigen Rechtsbehelfs gegen diese Entscheidung vorgesehen ist, ohne dass das aus diesem Anlass angerufene Gericht – erforderlichenfalls von Amts wegen – prüfen könnte, ob die Klauseln in dem Vertrag, der dem verlangten Honorar zugrunde liegt, missbräuchlich sind, und ohne dass es den Parteien gestatten könnte, andere Beweise beizubringen als die bereits der nicht gerichtlichen Stelle vorgelegten Urkunden.
2. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 in der durch die Richtlinie 2011/83 geänderten Fassung
ist dahin auszulegen, dass
die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme eine Klausel eines zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten geschlossenen Vertrags, nach der sich der Mandant der mit einer finanziellen Sanktion bewehrten Verpflichtung unterwirft, den Weisungen dieses Rechtsanwalts zu folgen, nicht ohne dessen Wissen oder gegen dessen Rat zu handeln und in dem Gerichtsverfahren, für das er den Rechtsanwalt mandatiert hat, die Klage nicht eigenmächtig zurückzunehmen, nicht erfasst.
3. Die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates
ist dahin auszulegen, dass
die Tatsache, dass in einen zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten geschlossenen Vertrag eine Klausel aufgenommen wird, die für den Fall, dass der Mandant in dem Gerichtsverfahren, für das er den Rechtsanwalt mandatiert hat, seine Klage eigenmächtig zurücknimmt, eine finanzielle Sanktion zu seinen Lasten vorsieht, wobei diese Klausel auf die Richttabelle einer berufsständischen Vertretung verweist und weder im kommerziellen Angebot noch in den vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellten Informationen erwähnt worden ist, als „irreführende“ Geschäftspraxis im Sinne von Art. 7 dieser Richtlinie einzustufen ist, sofern die fragliche Vorgehensweise den Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte, was das nationale Gericht zu prüfen hat.
Wednesday, November 23, 2022
Der IP-Rechts-Berater 10/2022 - BGH v. 2.6.2022 - I ZR 93/21 / Böhm, Claudia, Zur Irreführung der Bewerbung einer Kindermilch mit der Aussage “7 x mehr Vitamin D“; Verbindung mehrerer Verletzungsformen mit “und/oder“-Unterlassungsantrag
7 x mehr
UWG § 3a; Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 Art. 3 Unterabs. 2 Buchst. a und d
a) Für die Feststellung, welches Verständnis eine mit einem Unterlassungsantrag angegriffene Werbeanzeige und etwaige dort getroffene Werbeaussagen bei dem angesprochenen Verkehr erwecken, ist der Gesamteindruck zu würdigen, den die Werbung vermittelt, und nicht isoliert auf einzelne Elemente derselben abzustellen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Mai 2022 - I ZR 203/20, juris Rn. 18 - Webshop Awards, mwN).
b) Ein Unterlassungsantrag, in dem mehrere Verletzungsformen durch die Formulierung ""und/oder"" miteinander verknüpft sind, ist nur dann in vollem Umfang begründet, wenn hinsichtlich aller damit beanstandeter Handlungsformen sowohl in ihrer Kombination als auch für sich genommen ein Unterlassungsanspruch besteht. Sieht ein Gericht nur eine von mehreren miteinander verbundenen Verletzungsformen als irreführend an, rechtfertigt dies nicht eine Abweisung des gesamten Unterlassungsantrags, sondern nur dessen teilweise Abweisung.
BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 - I ZR 93/21 - OLG München
LG München
CR online 10/2022 - EuGH v. 20.9.2022 - C-339/20, C-397/20, EuGH: Vorratsdatenspeicherung durch Anbieter elektronischer Kommunikationsmittel zwecks Bekämpfung von Straftaten des (Finanz-)Marktmissbrauchs
CR online 10/2022 - EuGH v. 20.9.2022 - C-793/19, C-794/19, EuGH: Allgemeine Vorratsdatenspeicherung nur zulässig bei ernster Bedrohung für nationale Sicherheit
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung ist im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
dahin auszulegen, dass
er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die präventiv zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen;
er nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die
– es zum Schutz der nationalen Sicherheit gestatten, den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste aufzugeben, Verkehrs- und Standortdaten allgemein und unterschiedslos auf Vorrat zu speichern, wenn sich der betreffende Mitgliedstaat einer als real und aktuell oder vorhersehbar einzustufenden ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit gegenübersieht, sofern diese Anordnung Gegenstand einer wirksamen, zur Prüfung des Vorliegens einer solchen Situation sowie der Beachtung der vorzusehenden Bedingungen und Garantien dienenden Kontrolle durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsstelle sein kann, deren Entscheidung bindend ist, und sofern die Anordnung nur für einen auf das absolut Notwendige begrenzten, aber im Fall des Fortbestands der Bedrohung verlängerbaren Zeitraum ergeht;
– zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit auf der Grundlage objektiver und nicht diskriminierender Kriterien anhand von Kategorien betroffener Personen oder mittels eines geografischen Kriteriums für einen auf das absolut Notwendige begrenzten, aber verlängerbaren Zeitraum eine gezielte Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen;
– zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit für einen auf das absolut Notwendige begrenzten Zeitraum eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung der IP‑Adressen, die der Quelle einer Verbindung zugewiesen sind, vorsehen;
– zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Bekämpfung der Kriminalität und zum Schutz der öffentlichen Sicherheit eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung der die Identität der Nutzer elektronischer Kommunikationsmittel betreffenden Daten vorsehen;
– es zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und, a fortiori, zum Schutz der nationalen Sicherheit gestatten, den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste mittels einer Entscheidung der zuständigen Behörde, die einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle unterliegt, aufzugeben, während eines festgelegten Zeitraums die ihnen zur Verfügung stehenden Verkehrs- und Standortdaten umgehend zu sichern.
Diese Rechtsvorschriften müssen durch klare und präzise Regeln sicherstellen, dass bei der Speicherung der fraglichen Daten die für sie geltenden materiellen und prozeduralen Voraussetzungen eingehalten werden und dass die Betroffenen über wirksame Garantien zum Schutz vor Missbrauchsrisiken verfügen.
GRUR Prax 20/2022(19. Oktober 2022) - BGH 2.6.2022 – I ZR 140/15 Zur Haftung von YouTube für Urheberrechtsverletzungen
YouTube II
Richtlinie 2001/29/EG Art. 3 Abs. 1; Richtlinie 2000/31/EG Art. 14 Abs. 1; Richtlinie 2004/48/EG Art. 8 Abs. 2 Buchst. a; UrhG § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2, §§ 19a, 31 Abs. 5, §§ 73, 78 Abs. 1 Nr. 1, § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3, §§ 97, 101 Abs. 2 und 3; BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2
a) Ergreift der Betreiber einer Video-Sharing-Plattform, der weiß oder wissen müsste, dass Nutzer über seine Plattform im Allgemeinen geschützte Inhalte rechtswidrig öffentlich zugänglich machen, nicht die geeigneten technischen Maßnahmen, die von einem die übliche Sorgfalt beachtenden Wirtschaftsteilnehmer in seiner Situation erwartet werden können, um Urheberrechtsverletzungen auf dieser Plattform glaubwürdig und wirksam zu bekämpfen, so nimmt er selbst eine öffentliche Wiedergabe der von Nutzern hochgeladenen rechtsverletzenden Inhalte im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2, §§ 19a, 78 Abs. 1 Nr. 1, § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 UrhG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 und 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2001/29/EG vor. Lediglich reaktive technische Maßnahmen, die Rechtsinhabern das Auffinden von bereits hochgeladenen rechtsverletzenden Inhalten oder die Erteilung von darauf bezogenen Hinweisen an den Plattformbetreiber erleichtern, genügen für die Einstufung als Maßnahmen zur glaubwürdigen und wirksamen Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen nicht (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 - C-682/18 und C-683/18, GRUR 2021, 1054 Rn. 84 = WRP 2021, 1019 - YouTube und Cyando).
b) Die Synchronisation im Sinne der Verbindung eines Tonträgers mit Bildern stellt eine eigenständige Nutzungsart dar, die Gegenstand einer gesonderten Rechtseinräumung sein kann.
c) Ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB wegen Eingriffs in ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht setzt die Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung im Verhältnis zwischen Urheberrechtsinhaber und Anspruchsgegner voraus. Daran fehlt es, wenn bei einer Muttergesellschaft Vorteile abgeschöpft werden sollen, die im Geschäftsbetrieb ihrer Tochtergesellschaft entstanden sind.
d) Der Auskunftsanspruch gemäß § 101 Abs. 3 UrhG schließt die Auskunft über die Bankdaten der Nutzer der Dienstleistungen nicht ein (Fortführung von BGH, Urteil vom 10. Dezember 2020 - I ZR 153/17, GRUR 2021, 470 = WRP 2021, 201 - YouTube-Drittauskunft II).
BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 - I ZR 140/15 - OLG Hamburg
LG Hamburg
GRUR Prax 20/2022(19. Oktober 2022) - EuGH 8.9.2022 – C-716/20 Kein harmonisiertes Ausschließlichkeitsrecht für Sendeunternehmen bei Kabelweiterleitung
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 dieser Richtlinie
ist dahin auszulegen, dass
– er für Sendeunternehmen kein ausschließliches Recht vorsieht, die Kabelweiterverbreitung im Sinne dieser Vorschrift zu erlauben oder zu verbieten, und
– die zeitgleiche, unveränderte und vollständige Verbreitung von durch Satellit übermittelten und zum öffentlichen Empfang bestimmten Fernseh- oder Radiosendungen keine solche Kabelweiterverbreitung darstellt, wenn diese Weiterverbreitung durch eine andere Person als ein Kabelunternehmen im Sinne dieser Richtlinie, wie etwa ein Hotel, erfolgt.
GRUR Prax 20/2022(19. Oktober 2022) - BPatG 6.8.2022 – 25 W (pat) 49/21 Eintragungsfähigkeit der Marke „YIELD“
B E S C H L U S S In der Beschwerdesache betreffend die Markenanmeldung 30 2019 026 612.5 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 6. August 2022 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, der Richterin Dr. Rupp-Swienty, LL.M., und des Richters k. A. Staats, LL.M.Eur., beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Juni 2021 aufgehoben, soweit die Anmeldung für folgende Dienstleistung zurückgewiesen worden ist: Klasse 36: Ausgabe von Wert- und Gutscheinkarten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten. 2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
GRUR Prax 19/2022(5. Oktober 2022) - BGH 21.4.2022 – I ZB 56/21 Pflichten des Unterlassungsschuldners zur Beseitigung des Störungszustands
GG Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 3; ZPO § 890 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 und Abs. 2, § 927 Abs. 1, § 929 Abs. 2;
a) Für die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 1 ZPO gilt nicht das allein auf Kriminalstrafgesetze anwendbare Doppelbestrafungsverbot des Art. 103 Abs. 3 GG, sondern das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende außerstrafrechtliche Doppelahndungsverbot. Dieses ist verletzt, wenn die Gegenstände der früheren und späteren Festsetzung von Ordnungsmitteln nach Anlass, Ziel und Zweck in allen Einzelheiten identisch sind (Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 3. August 1989 - 1 BvR 1194/88, BeckRS 1989, 6919 [juris Rn. 11]).
b) Hat der Schuldner gegen ein im Wege der einstweiligen Verfügung ergangenes Verbot der Produktkennzeichnung verstoßen, weil er seine Abnehmer nicht aufgefordert hat, das in beanstandeter Weise gekennzeichnete Produkt vorläufig nicht weiterzuvertreiben, und ist der Schuldner auch nach Zustellung eines gleichlautenden, in der Hauptsache ergangenen Unterlassungstitels nicht tätig geworden, so liegt in der zweifachen Verhängung von Ordnungsmitteln wegen des vor Vollstreckbarkeit des Hauptsachetitels begangenen Verstoßes gegen die einstweilige Verfügung und wegen nachfolgenden Verstoßes gegen den Hauptsachetitel kein Verstoß gegen das außerstrafrechtliche Doppelahndungsverbot.
BGH, Beschluss vom 21. April 2022 - I ZB 56/21 - OLG Hamburg
LG Hamburg
GRUR Prax 19/2022(5. Oktober 2022) - BPatG 24.3.2022 – 30 W (pat) 701/20 Fehlende Erzeugnisangabe kann durch Auslegung ermittelt werden
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Designanmeldung 40 2019 000 356.4
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 24. März 2022 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin Dr. Weitzel und des Richters Merzbach
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Designstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Januar 2020 aufgehoben.
GRUR Prax 19/2022(5. Oktober 2022) - EuGH 10.12.2021 – C-382/21 P Zulassung des Rechtsmittels zur Frage der Inanspruchnahme der Priorität einer PCT-Anmeldung für ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln) beschlossen:
1. Das Rechtsmittel wird zugelassen.
2. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.
Luxemburg, den 10. Dezember 2021
GRUR Prax 19/2022(5. Oktober 2022) - BPatG 6.7.2022 – 1 W (pat) 18/22 Unberechtigte Inanspruchnahme einer Priorität
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2020 004 618
(wegen Eintritt der Rücknahmefiktion)
hat der 1. Senat (Juristischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 6. Juli 2022 durch die Präsidentin Dr. Hock und die Richter Schell und Heimen beschlossen:
Der Beschluss der Prüfungsstelle 15 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. April 2021 wird aufgehoben.
GRUR Prax 19/2022(5. Oktober 2022) - BGH 28.6.2022 – X ZR 67/20 Unzulässige Verallgemeinerung der Ursprungsoffenbarung
Übertragungsparameter
EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. c; IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
Durch eine Patentanmeldung, die sich mit der nahtlosen Änderung der Datenübertragungsrate in einem ADSL-System befasst und hierzu vorschlägt, ausschließlich die Zuweisung von Bits zu Subkanälen zu ändern und eine bestimmte Signalisierungsart einzusetzen, ist nicht unmittelbar und eindeutig offenbart, dass diese Signalisierungsart auch zur bloßen Änderung der Bitzuweisung bei gleich bleibender Datenrate oder zur Änderung anderer Übertragungsparameter eingesetzt werden kann.
BGH, Urteil vom 28. Juni 2022 - X ZR 67/20 - Bundespatentgericht
GRUR Prax 19/2022(5. Oktober 2022) - BGH 26.7.2022 – X ZR 1/21 Zu den Anforderungen einer Urkundenvorlage durch die nicht beweisbelastete Partei
Brustimplantat
PatG § 8
Ob ein Berechtigter nach § 8 Satz 1 und 2 PatG die Übertragung eines Patents oder die Einräumung einer Mitberechtigung daran verlangen kann, erfordert einen prüfenden Vergleich der zum Patent angemeldeten Lehre mit derjenigen, deren widerrechtliche Entnahme geltend gemacht wird. Dafür ist in erster Linie zu untersuchen, inwieweit beide Lehren übereinstimmen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Oktober 2015 - X ZR 149/12, GRUR 2016, 265 Rn. 22 - Kfz-Stahlbauteil; Urteil vom 4. August 2020 - X ZR 38/19, GRUR 2020, 1186 Rn. 41 - Mitralklappenprothese).
BGH, Urteil vom 26. Juli 2022 - X ZR 1/21 - OLG Frankfurt am Main
GRUR 20/2022(15. Oktober 2022) - EuGH 8.9.2022 – C-399/21 Inhaber des Rechts an Erfindungen von in Drittstaaten eingereichten Patenten – IRnova
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 24 Nr. 4 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
ist dahin auszulegen, dass
er auf einen Rechtsstreit, bei dem im Rahmen einer auf eine behauptete Erfinder- oder Miterfinderstellung gestützten Klage festzustellen ist, ob eine Person Inhaber des Rechts an Erfindungen ist, die in Drittstaaten eingereichten Patentanmeldungen und erteilten Patenten zugrunde liegen, keine Anwendung findet.
GRUR 20/2022(15. Oktober 2022) - BGH 11.7.2022 – NotZ(Brfg) 6/21 Irreführende Selbstdarstellung eines Notars als berufswidrige Werbung – Notar & Mediator
BNotO § 29 Abs.1, § 67 Abs. 2 Satz 3 Nr. 7
a) Durch die Verwendung der Bezeichnung ""Mediator"" gleichwertig neben der Amtsbezeichnung ""Notar"" kann beim rechtsuchenden Publikum, dem die Tätigkeiten des Notars außerhalb der Beurkundung von Rechtsvorgängen regelmäßig wenig geläufig sind, der falsche Eindruck hervorgerufen werden, der die Bezeichnung ""Notar & Mediator"" Führende übe neben seinem Amt einen weiteren Beruf
aus, der über das reguläre Tätigkeitsspektrum eines Notars hinausgehe.
b) Die Verwendung der Berufsbezeichnung ""Notar & Mediator"" in der Öffentlichkeit (z.B. auf Briefbögen oder im Internetauftritt) unterliegt daher als irreführende Selbstdarstellung des Notars dem Verbot berufswidriger Werbung gemäß § 29 Abs. 1 BNotO.
BGH, Beschluss vom 11. Juli 2022 - NotZ(Brfg) 6/21 - OLG München
GRUR 20/2022(15. Oktober 2022) - BPatG 19.5.2022 – 25 W (pat) 46/20 Eintragung einer Bildmarke mit rautenförmigem Muster – Wappenschild
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2017 106 872
(hier: Nichtigkeitsverfahren S 22/18 Lösch)
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2022 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, der Richterin Fehlhammer und der Richterin Dr. RuppSwienty, LL.M.,
beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag der Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
GRUR 20/2022(15. Oktober 2022) - EuGH 8.9.2022 – C-263/21 Erteilung von Freistellungsbescheinigungen durch von Verwertungsgesellschaft kontrollierte privatrechtliche Einrichtung – Ametic
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sowie der Grundsatz der Gleichbehandlung
sind dahin auszulegen, dass
sie einer nationalen Regelung, wonach eine von den Verwertungsgesellschaften für Rechte des geistigen Eigentums errichtete und kontrollierte juristische Person mit der Verwaltung der Freistellungen von der Zahlung des Ausgleichs für Privatkopien und von dessen Erstattungen betraut wird, nicht entgegenstehen, sofern diese nationale Regelung vorsieht, dass die Freistellungsbescheinigungen und die Erstattungen rechtzeitig und anhand objektiver Kriterien, die es der juristischen Person nicht gestatten, einen Antrag auf Erteilung einer solchen Bescheinigung oder einen Erstattungsantrag aufgrund von Erwägungen abzulehnen, mit denen die Ausübung eines Entscheidungsspielraums verbunden ist, zu erteilen bzw. vorzunehmen sind, und sofern ihre Entscheidungen, mit denen ein solcher Antrag abgelehnt wird, Gegenstand eines Rechtsbehelfs vor einer unabhängigen Stelle sein können.
2. Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 sowie der Grundsatz der Gleichbehandlung
sind dahin auszulegen, dass
sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, wonach eine von den Verwertungsgesellschaften für Rechte des geistigen Eigentums errichtete und kontrollierte juristische Person, die mit der Verwaltung der Freistellungen von der Zahlung des Ausgleichs für Privatkopien und von dessen Erstattungen betraut ist, die Befugnis hat, Zugang zu den Informationen zu verlangen, die für die Ausübung der ihr insoweit übertragenen Kontrollzuständigkeiten erforderlich sind, ohne dass ihr insbesondere das im nationalen Recht vorgesehene Geschäftsgeheimnis im Bereich der Buchführung entgegengehalten werden kann; die juristische Person muss den vertraulichen Charakter der erlangten Informationen wahren.
GRUR 20/2022(15. Oktober 2022) - BGH 21.6.2022 – X ZR 53/20 Offenbarung einer Vorrichtung durch Aufzeigen eines ausführbaren Weges zur Herstellung – Datensendeleistung
Datensendeleistung
EPÜ Art. 54 Abs. 2
a) Eine Vorrichtung, die bestimmte Funktionen aufweist, ist durch eine Entgegenhaltung nur dann offenbart, wenn darin ein ausführbarer Weg aufgezeigt wird, sie herzustellen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 6. April 2021 - X ZR 54/19, GRUR 2021, 1043 Rn. 40 - Cerdioxid).
b) Ausführbar ist eine technische Lehre grundsätzlich bereits dann, wenn der Fachmann mit Hilfe seines Fachwissens in der Lage ist, den in den Erzeugnisansprüchen beschriebenen Gegenstand herzustellen und diejenigen Verfahrensschritte auszuführen, die in den Verfahrensansprüchen bezeichnet sind (Bestätigung von BGH, Urteil vom 3. Februar 2015 - X ZR 76/13, GRUR 2015, 472 Rn. 36 - Stabilisierung der Wasserqualität; BGH, Urteil vom 29. März 2022 - X ZR 16/20, GRUR 2022, 813 Rn. 69 - Übertragungsleistungssteuerungsverfahren). Hierzu ist nicht zwingend erforderlich, dass alle in der Beschreibung geschilderten Vorteile verwirklicht werden.
c) Wenn eine Entgegenhaltung für bestimmte Betriebssituationen eine Verringerung der Sendeleistung auf mehreren Kanälen und die Umsetzung dieses Befehls innerhalb einer bestimmten Zeitspanne vorsieht, kann aus der ergänzenden Vorgabe, auf einem bestimmten Kanal mit der vorgegebenen Leistung zu senden, nicht ohne weiteres die Schlussfolgerung gezogen werden, dass diese Anweisung innerhalb einer kürzeren Zeitspanne umzusetzen ist.
BGH, Urteil vom 21. Juni 2022 - X ZR 53/20 - Bundespatentgericht
GRUR 19/2022(1. Oktober 2022) - BGH 2.8.2022 – VI ZR 26/21 Informationsinteresse an möglicher Liebesbeziehung eines Komikers – Sex-Bloggerin
BGB § 823 Ah; GG Art. 5
Zur Zulässigkeit einer Berichterstattung, die über eine Liebesbeziehung spekuliert (Fortführung und Abgrenzung Senat, Urteil vom 2. Mai 2017 - VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516).
BGH, Urteil vom 2. August 2022 - VI ZR 26/21 - KG Berlin
LG Berlin
GRUR 19/2022(1. Oktober 2022) - BGH 28.7.2022 – I ZR 205/20 Zusätzliches Entgelt für Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels bei Flugbuchungen – Servicepauschale
Servicepauschale
UWG § 3a; BGB § 312a Abs. 4 Nr. 1
Ein Unternehmer, der Flugbuchungen im Internet anbietet, verlangt ein zusätzliches Entgelt für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels, wenn bei den von ihm vorgegebenen Einstellungen zunächst ein Preis angezeigt wird, der nur für den Fall der Zahlung mit bestimmten, nicht im Sinne des § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB gängigen Kreditkarten erhältlich ist, und bei Auswahl anderer Zahlungsmittel eine zusätzliche ""Servicepauschale"" anfällt (Fortführung von BGH, Urteil vom 24. August 2021 - X ZR 23/20, WRP 2021, 1600).
BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 205/20 - OLG Hamburg
LG Hamburg
GRUR 19/2022(1. Oktober 2022) - BGH 7.4.2022 – I ZR 107/21 Anforderungen an Zusammenhang zwischen Musik und Sprechtheaterstück als verbundenes Werk – Der Idiot
Der Idiot
UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, § 19 Abs. 2 Fall 2, § 97 Abs. 1 Satz 1
a) Musik, die im Rahmen der bühnenmäßigen Aufführung eines Sprechtheaterstücks erklingt, wird als mit dem Sprachwerk verbundenes Werk im Sinne des § 19 Abs. 2 Fall 2 UrhG bühnenmäßig aufgeführt, wenn sie integrierender, organischer Bestandteil des Spielgeschehens ist und nicht nur der bloßen Untermalung dient. Erforderlich ist ein enger innerer Zusammenhang zwischen Musik und Spielgeschehen, der vom Tatgericht im Einzelfall festgestellt werden muss. Fehlt es an diesem Zusammenhang, wird die Musik aus Anlass des Spielgeschehens im Sinne des § 19 Abs. 2 Fall 1 UrhG aufgeführt (Fortführung von BGH, Urteil vom 3. Juli 2008 - I ZR 204/05, GRUR 2008, 1081 [juris Rn. 14] = WRP 2008, 1565 - Musical Starlights).
b) Der für die Einstufung einer im Rahmen der bühnenmäßigen Aufführung eines Sprechtheaterstücks erklingenden Musik als integrierender, organischer Bestandteil des Spielgeschehens erforderliche enge innere Zusammenhang ist nicht schon deshalb gegeben, weil die Musik eigens auf die spezielle Inszenierung des Stücks durch den Regisseur abgestimmt und ausschließlich hierfür komponiert worden ist und aufgrund ihrer Ausgestaltung nicht allein, also ohne die schauspielerische Darstellung der einzelnen Szenen, sinnvoll verwendbar ist.
c) Im Rahmen eines Sprechtheaterstücks erklingende Musik, der keine mit dem Sprachwerk gleichberechtigte Rolle zukommt, ist Bühnenmusik im Sinne des § 1 Buchst. a Satz 4 des Berechtigungsvertrags der GEMA.
BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 107/21 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
GRUR 19/2022(1. Oktober 2022) - BGH 28.7.2022 – I ZR 141/20 Voraussetzungen für Anspruch auf sog. Grundauskunft – Elektronischer Pressespiegel II
Elektronischer Pressespiegel II
UrhG § 16 Abs. 1, §§ 19a, 31, 44a, 97, 101a; BGB § 242 Be, D
a) Ein allgemeiner Auskunftsanspruch, der auf die Ausforschung der tatsächlichen Grundlagen und Beweismittel für etwaige Ansprüche gerichtet ist, besteht nicht. Der auf spezialgesetzliche Anspruchsgrundlagen wie § 19 MarkenG oder § 101 UrhG gestützte Auskunftsanspruch ist ebenso wie der aus § 242 BGB hergeleitete Auskunftsanspruch seinem Inhalt nach vielmehr grundsätzlich auf die Erteilung von Auskünften über den konkreten Verletzungsfall, das heißt über die konkrete Verletzungshandlung einschließlich solcher Handlungen beschränkt, die ihr im Kern gleichartig sind. Ein Anspruch auf Auskunftserteilung besteht nicht auch über mögliche andere Verletzungsfälle, da dies darauf hinausliefe, unter Vernachlässigung allgemein gültiger Beweislastregeln der Ausforschung Tür und Tor zu öffnen (Bestätigung der st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 20. Juni 2013 - I ZR 55/12, GRUR 2013, 1235 [juris Rn. 21] - Restwertbörse II).
b) Der vom Bundesgerichtshof einer Verwertungsgesellschaft zugebilligte weitergehende Anspruch auf sogenannte Grundauskunft, der nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausnahmsweise auch dann bestehen kann, wenn der Kläger in entschuldbarer Weise nicht nur über den Umfang, sondern auch über das Bestehen seines Rechts im Ungewissen ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 1985 - I ZR 53/83, BGHZ 95, 274 [juris Rn. 34] - GEMA-Vermutung I; Urteil vom 13. Juni 1985 - I ZR 35/83, BGHZ 95, 285 [juris Rn. 15] - GEMA-Vermutung II), liegt in den Besonderheiten begründet, die die Rechtsdurchsetzung durch Verwertungsgesellschaften kennzeichnen. Eine entsprechende Anwendung zugunsten von Rechtsinhabern, die über eine große Anzahl an gleichartige Werke betreffenden Rechten verfügen, von denen nachweisbar mehrere Werke von dem Verletzer unerlaubt verwendet worden sind, kommt nicht in Betracht.
BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 141/20 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Thursday, October 6, 2022
Der IP-Rechts-Berater 09/2022 - BGH v. 14.7.2022 - I ZR 97/21 / Brandi-Dohrn, Anselm, Verweis auf Datenstick statt Anlagendokument zulässig
GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Art. 28 Abs. 2 Satz 1; UWG § 3 Abs. 1, §§ 3a, 8 Abs. 1 Satz 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
a) Die Bezugnahme im Klageantrag auf ein zu den Akten gereichtes digitales Speichermedium, auf dem ein Telemedienangebot als konkrete Verletzungsform dokumentiert ist, kann zur Konkretisierung eines Unterlassungsantrags gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ausreichen.
b) Die Marktverhaltensregelung des aus der Institutsgarantie der Presse gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleiteten Gebots der Staatsferne der Presse schützt auch vor Substitutionseffekten kommunaler Online-Informationsangebote, die dazu führen, dass die private Presse ihre besondere Aufgabe im demokratischen Gemeinwesen nicht mehr erfüllen kann.
c) Bei Online-Informationsangeboten, die nach ihren technischen Gegebenheiten nicht den für Druckerzeugnisse bestehenden Kapazitätsbeschränkungen unterliegen, ist das quantitative Verhältnis zwischen zulässigen und unzulässigen Beiträgen für die erforderliche wertende Gesamtbetrachtung der Publikation regelmäßig weniger aussagekräftig als bei Printmedien. Für die Gesamtbetrachtung kann deshalb bedeutsam sein, ob gerade die das Gebot der Staatsferne verletzenden Beiträge das Gesamtangebot prägen (Weiterführung von BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17, GRUR 2019, 189 - Crailsheimer Stadtblatt II).
BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der IP-Rechts-Berater 09/2022 - BGH v. 9.8.2022 - VI ZR 1244/20 / Müller-Bidinger, Ralph, Prüfpflichten eines Hotelbewertungsportals
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Ah
Bei einem Bewertungsportal (hier: Hotelbewertungsportal) reicht die Rüge des Bewerteten, einer Bewertung liege kein Gästekontakt zugrunde, grundsätzlich aus, um Prüfpflichten des Bewertungsportals auszulösen. Zu weiteren Darlegungen, insbesondere einer näheren Begründung seiner Behauptung des fehlenden Gästekontakts, ist der Bewertete gegenüber dem Bewertungsportal grundsätzlich nicht verpflichtet. Dies gilt nicht nur in dem Fall, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete Inanspruchnahme der Leistung beschreibende Angaben enthält und dem Bewerteten daher eine weitere Begründung schon gar nicht möglich ist, sondern auch dann, wenn für einen Gästekontakt sprechende Angaben vorliegen (Klarstellung zu Senatsurteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, BGHZ 209, 139 Rn. 26). Denn der Bewertete kann diese Angaben regelmäßig nicht überprüfen und damit den behaupteten Gästekontakt nicht sicher feststellen. Einer näheren Begründung der Behauptung des fehlenden Gästekontakts bedarf es nur, wenn sich die Identität des Bewertenden für den Bewerteten ohne Weiteres aus der Bewertung ergibt. Im Übrigen gilt die Grenze des Rechtsmissbrauchs.
BGH, Urteil vom 9. August 2022 - VI ZR 1244/20 - OLG Köln
LG Köln
CR online 09/2022 - EuGH v. 21.6.2022 - C-817/19, EuGH: Grundrechtliche Beschränkungen des Anwendungsbereichs der PNR-Richtlinie
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 2 Abs. 2 Buchst. d und Art. 23 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) sind dahin auszulegen, dass diese Verordnung für die Verarbeitung personenbezogener Daten gilt, die in nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist, mit denen die Bestimmungen sowohl der Richtlinie 2004/82/EG des Rates vom 29. April 2004 über die Verpflichtung von Beförderungsunternehmen, Angaben über die beförderten Personen zu übermitteln, als auch der Richtlinie 2010/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über Meldeformalitäten für Schiffe beim Einlaufen in und/oder Auslaufen aus Häfen der Mitgliedstaaten und zur Aufhebung der Richtlinie 2002/6/EG und der Richtlinie (EU) 2016/681 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) zur Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität in Bezug auf die Verarbeitung von Daten durch private Wirtschaftsteilnehmer sowie in Bezug auf die nur oder auch unter die Richtlinie 2004/82 oder die Richtlinie 2010/65 fallende Verarbeitung von Daten durch Behörden in innerstaatliches Recht umgesetzt werden sollen. Die Verordnung gilt hingegen nicht für die in nationalen Rechtsvorschriften vorgesehene, nur unter die Richtlinie 2016/681 fallende Verarbeitung von Daten durch die PNR-Zentralstelle oder die zuständigen Behörden zu den in Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Zwecken.
2. Da eine Auslegung der Richtlinie 2016/681 im Licht der Art. 7, 8 und 21 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union die Vereinbarkeit dieser Richtlinie mit den genannten Artikeln der Charta der Grundrechte gewährleistet, hat die Prüfung der Fragen 2 bis 4 und 6 nichts ergeben, was die Gültigkeit der Richtlinie berühren könnte.
3. Art. 6 der Richtlinie 2016/681 ist im Licht der Art. 7 und 8 sowie von Art. 52 Abs. 1 der Charta dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten), die im Einklang mit dieser Richtlinie erhoben wurden, zu anderen als den in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie ausdrücklich genannten Zwecken zulässig ist.
4. Art. 12 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2016/681 ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen die als PNR-Zentralstelle errichtete Behörde zugleich die für die Genehmigung der Offenlegung der PNR-Daten nach Ablauf der Frist von sechs Monaten ab ihrer Übermittlung an die PNR-Zentralstelle zuständige nationale Behörde ist.
5. Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2016/681 in Verbindung mit den Art. 7 und 8 sowie mit Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte ist dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die eine allgemeine Speicherfrist der PNR-Daten von fünf Jahren vorsehen, die unterschiedslos für alle Fluggäste gilt, einschließlich derjenigen, bei denen weder die Vorabüberprüfung nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2016/681 noch etwaige Überprüfungen während des in Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie genannten Zeitraums von sechs Monaten oder irgendein anderer Umstand objektive Anhaltspunkte geliefert haben, die eine Gefahr im Bereich terroristischer Straftaten oder schwerer Kriminalität mit einem – zumindest mittelbaren – objektiven Zusammenhang mit der Reise der Fluggäste belegen können.
6. Die Richtlinie 2004/82 ist dahin auszulegen, dass sie nicht für Linien- oder Gelegenheitsflüge einer Fluggesellschaft, die vom Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aus starten und das Hoheitsgebiet eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zum Ziel haben, ohne Zwischenlandungen im Hoheitsgebiet eines Drittstaats (EU-Flüge), gilt.
7. Das Unionsrecht, insbesondere Art. 2 der Richtlinie 2016/681, ist im Licht von Art. 3 Abs. 2 EUV, Art. 67 Abs. 2 AEUV und Art. 45 der Charta der Grundrechte wie folgt auszulegen:
– Es steht nationalen Rechtsvorschriften entgegen, die, ohne dass der betreffende Mitgliedstaat mit einer realen und aktuellen oder vorhersehbaren terroristischen Bedrohung konfrontiert ist, ein System vorsehen, wonach die PNR-Daten aller EU-Flüge und aller Beförderungen mit anderen Mitteln innerhalb der Union aus diesem, in diesen oder durch diesen Mitgliedstaat zur Bekämpfung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität von den Beförderungsunternehmen und den Reiseunternehmen übermittelt sowie von den zuständigen Behörden verarbeitet werden. In einer solchen Situation muss die Anwendung des durch die PNR-Richtlinie geschaffenen Systems auf die Übermittlung und Verarbeitung der PNR-Daten von Flügen und/oder Beförderungen beschränkt werden, die insbesondere bestimmte Verbindungen, bestimmte Reisemuster oder bestimmte Flughäfen, Bahnhöfe oder Seehäfen betreffen, für die es Anhaltspunkte gibt, die seine Anwendung rechtfertigen können. Es ist Sache des betreffenden Mitgliedstaats, die EU-Flüge und/oder die Beförderungen mit anderen Mitteln innerhalb der Union, für die es solche Anhaltspunkte gibt, auszuwählen und sie nach Maßgabe der Entwicklung der Bedingungen, die ihre Auswahl gerechtfertigt haben, regelmäßig zu überprüfen, um sicherzustellen, dass sich die Anwendung dieses Systems auf solche EU-Flüge und/oder Beförderungen stets auf das absolut Notwendige beschränkt.
– Es steht nationalen Rechtsvorschriften entgegen, die zum Zweck der Verbesserung der Grenzkontrollen und der Bekämpfung illegaler Einwanderung ein solches System der Übermittlung und Verarbeitung der genannten Daten vorsehen.
8. Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass es ein nationales Gericht daran hindert, die Wirkungen einer ihm nach nationalem Recht obliegenden Feststellung der Rechtswidrigkeit nationaler Rechtsvorschriften, die – in einer Weise, die im Licht von Art. 3 Abs. 2 EUV, Art. 67 Abs. 2 AEUV sowie der Art. 7, 8 und 45 und von Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte mit den Bestimmungen der Richtlinie 2016/681 unvereinbar ist – den Beförderungsunternehmen des Luft‑, Schienen- und Landwegs und den Reiseunternehmen die Übermittlung von PNR-Daten vorschreiben sowie eine Verarbeitung und Speicherung dieser Daten vorsehen, zeitlich zu beschränken. Die Zulässigkeit der in dieser Weise erlangten Beweise unterliegt nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten dem nationalen Recht, vorbehaltlich der Beachtung u. a. der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität.
CR online 09/2022 - BGH v. 27.1.2022 - III ZR 195/20, BGH: Internet-Angaben als offenkundige Tatsachen
Offenkundige Tatsache, Internet, rechtliches Gehör
ZPO § 139, § 291; GG Art. 103 Abs. 1
Möchte ein Gericht von ihm dem Internet entnommene Tatsachen als offenkundig im Sinne des § 291 ZPO seinem Urteil zugrunde legen, muss es den Parteien durch einen Hinweis die Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Ein Hinweis kann nur dann unterbleiben, wenn es sich um Umstände handelt, die den Parteien ohne Weiteres gegenwärtig sind und von deren Entscheidungserheblichkeit sie wissen (Fortführung von BGH, Urteile vom 8. Oktober 1959 - VII ZR 87/58, BGHZ 31, 43, 45 und vom 6. Mai 1993 - I ZR 84/91, NJW-RR 1993, 1122, 1123; Beschluss vom 7. Mai 2020 - IX ZB 84/19, NJW-RR 2020, 868 Rn. 15).
BGH, Beschluss vom 27. Januar 2022 - III ZR 195/20 - OLG Zweibrücken
LG Frankenthal
CR online 09/2022 - EuGH v. 14.7.2022 - C-134/20, EuGH: Dieselskandal: Motor-Software ist auch bei nachträglichem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung Thermofenster vertragswidrig
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 dieser Verordnung ist dahin auszulegen, dass eine Einrichtung, die die Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Emissionsgrenzwerte nur gewährleistet, wenn die Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius liegt und der Fahrbetrieb unterhalb von 1 000 Höhenmetern erfolgt, eine „Abschalteinrichtung“ im Sinne dieses Art. 3 Nr. 10 darstellt.
2. Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 715/2007 ist dahin auszulegen, dass eine Abschalteinrichtung, die die Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Emissionsgrenzwerte nur gewährleistet, wenn die Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius liegt und der Fahrbetrieb unterhalb von 1 000 Höhenmetern erfolgt, nicht allein deshalb unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme vom Verbot der Verwendung solcher Einrichtungen fallen kann, weil mit dieser Einrichtung das Abgasrückführventil geschützt werden soll, es sei denn, es ist nachgewiesen, dass diese Einrichtung ausschließlich notwendig ist, um die durch eine Fehlfunktion dieses Bauteils verursachten unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall zu vermeiden, Risiken, die so schwer wiegen, dass sie eine konkrete Gefahr beim Betrieb des mit dieser Einrichtung ausgestatteten Fahrzeugs darstellen. Eine Abschalteinrichtung, die unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste, damit der Motor vor Beschädigung oder Unfall geschützt und der sichere Betrieb des Fahrzeugs gewährleistet ist, kann jedenfalls nicht unter die in Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 715/2007 vorgesehene Ausnahme fallen.
3. Art. 5 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 715/2007 in Verbindung mit Art. 3 Nr. 10 dieser Verordnung ist dahin auszulegen, dass der Umstand, dass eine Abschalteinrichtung im Sinne dieser letzteren Bestimmung nach der Inbetriebnahme eines Fahrzeugs bei einer Nachbesserung im Sinne von Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter eingebaut wurde, für die Beurteilung der Frage, ob die Verwendung dieser Einrichtung nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 715/2007 unzulässig ist, unerheblich ist.
GRUR Prax 18/2022(14. September 2022) - BGH 5.7.2022 – X ZR 58/20 Prozessvertretung durch einen „IP Attorney“ aus Malta
Verkehrsraumüberwachung
PatG § 113 Satz 1; EuPAG § 13 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1
Im Patentnichtigkeitsverfahren vor dem Bundesgerichtshof ist eine Prozessvertretung als eines dienstleistenden europäischen Patentanwalts im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 EuPAG nicht zulässig, wenn die Patentanwaltskammer die vor Beginn der Tätigkeit gemäß § 15 Abs. 1 EuPAG zu erstattende Meldung als nicht vollständig beurteilt und deshalb eine Eintragung in das Meldeverzeichnis gemäß § 15 Abs. 4 EuPAG bestandskräftig versagt hat.
BGH, Urteil vom 5. Juli 2022 - X ZR 58/20 - Bundespatentgericht
GRUR Prax 18/2022(14. September 2022) - BGH 31.5.2022 – VI ZR 95/21 Berichterstattung über Strafverfahren unter namentlicher Nennung des Beschuldigten
BGB § 823 Ah; GG Art. 5
Zu den Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung (hier: Pressebericht über Hauptverhandlung im Strafverfahren).
BGH, Urteil vom 31. Mai 2022 - VI ZR 95/21 - OLG Köln
LG Köln
GRUR Prax 18/2022(14. September 2022) - BPatG 30.5.2022 – 26 W (pat) 596/20 Englischkenntnisse der Durchschnittsverbraucher und begriffliche Markenähnlichkeit
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2019 219 126
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 30. Mai 2022 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge, des Richters Dr. von Hartz und der Richterin Dr. Rupp-Swienty
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
GRUR Prax 18/2022(14. September 2022) - BPatG 20.6.2022 – 29 W (pat) 567/19 Buchstabenzeichen können trotz Abweichungen verwechselbar sein
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2016 023 990
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2022 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Akintche und den Richter k. A. Posselt
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Mai 2019 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke 307 07 284 hinsichtlich der Waren
Klasse 3: Seifen; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer; Zahnputzmittel; Kosmetika;
Klasse 5: Pharmazeutische Erzeugnisse; medizinische Präparate; veterinärmedizinische Präparate; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Lebensmittel und Erzeugnisse für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für Menschen; Nahrungsergänzungsmittel für Tiere; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide; Arzneimittel; Medizinprodukte, nämlich Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zum Zwecke der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen
zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der vorgenannten Waren wird die Löschung der Marke 30 2016 023 990 angeordnet.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
GRUR Prax 18/2022(14. September 2022) - BPatG 21.6.2022 – 28 W (pat) 537/21 Keine rechtserhaltende Benutzung einer Wort-/Bildmarke durch bloße Nutzung des schwach kennzeichnungskräftigen Wortbestandteils
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2019 102 665
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. Juni 2022 unter Mitwirkung des Richters Schödel sowie der Richterinnen Berner und Uhlmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
GRUR Prax 18/2022(14. September 2022) - BPatG 23.6.2022 – 30 W (pat) 517/20 Unterscheidungskraft zweifarbiger Kabel
GRUR Prax 18/2022(14. September 2022) - BPatG 26.7.2022 – 26 W (pat) 38/17 Komplexe Verwechslungsgefahr zwischen „Silver Horse“ und „Power Horse“
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2013 050 102
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2022 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Kätker und Dr. von Hartz
beschlossen:
1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 30. Mai 2017 wird aufgehoben und das Deutsche Patent- und Markenamt angewiesen, die Eintragung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der IR-Marke 1 037 284 zu löschen.
2. Der Kostenantrag wird zurückgewiesen.
GRUR Prax 18/2022(14. September 2022) - BGH 2.6.2022 – I ZR 154/21 Benutzung einer Domain kann für Entstehen eines Unternehmenskennzeichens genügen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Juni 2022 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richter Dr. Löffler und Feddersen sowie die Richterinnen Pohl und Dr. Schmaltz
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. Oktober 2021 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 100.000 € festgesetzt.
GRUR Prax 18/2022(14. September 2022) - BPatG 20.7.2022 – 26 W (pat) 521/20 „Fitamin“ für Nahrungsergänzungsmittel rein beschreibend
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2019 217 102.4
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juli 2022 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Kätker und Dr. von Hartz
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
GRUR 16/2022(13. August 2022) - BGH 21.6.2022 – VI ZR 395/19 Voraussetzungen für sog. „Verletzungsunterlassungsanspruch“ – Verletzungsunterlassungsanspruch
BGB §§ 823 (Ah, Ai, Bd, G), 1004 (analog); StGB §§ 185 ff.; ZPO 139
a) Begehrt der Kläger in einem äußerungsrechtlichen Rechtsstreit nicht die Unterlassung einer von ihm wörtlich wiedergegebenen Äußerung des Beklagten, sondern die Unterlassung einer Aussage, die er der Äußerung des Beklagten nach eigener Interpretation entnehmen zu können meint, so kommt ein auf eine Wiederholungsgefahr nach erfolgter Erstbegehung gestützter Unterlassungsanspruch (sogenannter ""Verletzungsunterlassungsanspruch"") nur in Betracht, wenn sich die vom Kläger bekämpfte Aussage aus der betreffenden Äußerung des Beklagten tatsächlich ergibt.
b) Ergibt sich in einem äußerungsrechtlichen Rechtsstreit, dass der Kläger die von ihm begehrte Unterlassung einer bestimmten Aussage nicht verlangen kann und die Klage deshalb unbegründet ist, so bedarf es vor Abweisung der Klage keines richterlichen Hinweises dahingehend, dass sich aus dem maßgeblichen Sachverhalt (möglicherweise) ein auf eine andere Aussage gerichteter Unterlassungsanspruch ergibt.
BGH, Urteil vom 21. Juni 2022 - VI ZR 395/19 - OLG Schleswig
LG Lübeck
GRUR 16/2022(13. August 2022) - EuGH 24.2.2022 – C-536/20 Der Begriff des „Unternehmers“ in Verbraucherverträgen und Informationspflichten in Fernabsatzverträgen – Tiketa/M. Š.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass ein „Unternehmer“ im Sinne dieser Bestimmung nicht nur eine natürliche oder juristische Person ist, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen zu Zwecken tätig wird, die ihrer eigenen gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, sondern auch eine natürliche oder juristische Person, die als Vermittler im Namen oder Auftrag des betreffenden Unternehmers handelt, wobei der Vermittler und der Hauptunternehmer beide als „Unternehmer“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden können, ohne dass dafür eine doppelte Dienstleistung vorliegen muss.
2. Art. 6 Abs. 1 und 5 sowie Art. 8 Abs. 1 und 7 der Richtlinie 2011/83 sind dahin auszulegen, dass sie dem nicht entgegenstehen, dass die in Art. 6 Abs. 1 genannten Informationen dem Verbraucher vor Abschluss des Vertrags lediglich im Wege der allgemeinen Regeln für die Dienstleistungserbringung auf der Website des Vermittlers zur Verfügung gestellt werden, denen der Verbraucher durch das Ankreuzen des entsprechenden Kästchens aktiv zustimmt, sofern ihm diese Informationen in klarer und verständlicher Weise zur Kenntnis gebracht werden. Eine solche Art und Weise der Informationserteilung ersetzt allerdings nicht die Übermittlung der Vertragsbestätigung an den Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger im Sinne von Art. 8 Abs. 7 dieser Richtlinie, wobei dieser Umstand dem nicht entgegensteht, dass diese Informationen fester Bestandteil des Fernabsatzvertrags oder des außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags sind.
GRUR Prax 15/2022(3. August 2022) - BGH 30.3.2022 – VIII ZR 283/21 Erneut: Mietabsenkungen durch Inkassodienstleister
BGB §§ 134, 398, 556d Abs. 1, 2 Satz 5 bis 7, § 556g [aF] Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1; RDG § 2 Abs. 2 Satz 1 [aF], §§ 3, 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Zur Wirksamkeit der Abtretung des Anspruchs eines Wohnungsmieters an einen Inkassodienstleister auf Rückerstattung zu viel gezahlter Miete wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB), verbunden mit der Aufforderung an den Vermieter, künftig von dem Mieter nicht mehr die als überhöht gerügte Miete zu verlangen und diese auf den zulässigen Höchstbetrag herabzusetzen (hier: Abgrenzung der einem registrierten Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG aF gestatteten Forderungseinziehung von unzulässigen Maßnahmen der Anspruchsabwehr). BGB § 174 Satz 1 Die Vorschrift des § 174 Satz 1 BGB ist auf die Erhebung einer Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB aF nicht - auch nicht analog - anwendbar.
BGH, Versäumnisurteil vom 30. März 2022 - VIII ZR 283/21 - LG Berlin AG Berlin-Mitte
GRUR Prax 15/2022(3. August 2022) - BGH 18.5.2022 – VIII ZR 382/21 LegalTech-Geschäftsmodell „Conny“ zulässig
BGB §§ 134, 398, 556d Abs. 1, 2 Satz 5 bis 7; § 556g [aF] Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3; RDG § 2 Abs. 2 Satz 1 [aF], §§ 3, 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Zur Aktivlegitimation eines registrierten Inkassodienstleisters, der Ansprüche des Mieters aus der sogenannten Mietpreisbremse (§§ 556d, 556g BGB) im Wege der Abtretung verfolgt (hier: Abgrenzung der einem registrierten Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG aF gestatteten Forderungseinziehung von unzulässigen Maßnahmen der Anspruchsabwehr).
BGH, Urteil vom 18. Mai 2022 - VIII ZR 382/21 - LG Berlin
AG Berlin-Mitte
GRUR Prax 15/2022(3. August 2022) - BPatG 24.5.2022 – 35 W (pat) 12/20 Zur Höhe der Geschäftsgebühr und Erstattbarkeit von Recherchekosten im Gebrauchsmusterlöschungsstreit
In der Beschwerdesache
betreffend das Gebrauchsmuster 20 2009 001 242.5
(hier: Kostenfestsetzungsverfahren)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 24. Mai 2022 durch den Vorsitzenden Richter Metternich sowie der Richter Dr. Nielsen und Eisenrauch
beschlossen:
1. Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
GRUR 16/2022(13. August 2022) - BGH 22.2.2022 – X ZR 103/19 Keine rückwirkende Erteilung einer ausschließlichen Lizenz – Bakterienkultivierung
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2022 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bacher, den Richter Dr. Grabinski, die Richterin Dr. Kober-Dehm sowie die Richter Dr. Rensen und Dr. Crummenerl
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. Oktober 2019 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
GRUR 16/2022(13. August 2022) - BGH 3.5.2022 – X ZR 32/20 Öffentliche Zugänglichkeit von Dokumenten auf einem ftp-Server – Initialisierungsverfahren
Initialisierungsverfahren
EPÜ Art. 54 Abs. 2
Dokumente, die für die Teilnehmer eines Treffens einer Studiengruppe der Standardisierungsorganisation der International Telecommunication Union (ITU-T) auf einem ftp-Server vorgehalten werden, sind grundsätzlich der Öffentlichkeit zugänglich, wenn sie über ein Verzeichnis aufgerufen werden können, das den Mitgliedern der Studiengruppe als Speicherort für fachbezogene Veröffentlichungen bekannt ist und als Informationsquelle zur Verfügung steht (Fortführung von BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - X ZR 81/19, GRUR 2022, 59 - Diskontinuierliche Funkverbindung, und vom 18. Januar 2022 - X ZR 14/20, GRUR 2022, 546 - CQI-Bericht).
BGH, Urteil vom 3. Mai 2022 - X ZR 32/20 - Bundespatentgericht
Wednesday, October 5, 2022
GRUR Prax 16-17/2022(17. August 2022) - BGH 18.5.2022 – VIII ZR 423/21 Zulässigkeit von Inkassodienstleistungen im Zusammenhang mit der „Mietpreisbremse“
BGB §§ 134, 398, 556d Abs. 1, 2 Satz 5 bis 7; § 556g Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3; RDG § 2 Abs. 2 Satz 1 [aF], §§ 3, 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Zur Aktivlegitimation eines registrierten Inkassodienstleisters, der Ansprüche des Mieters aus der sogenannten Mietpreisbremse (§§ 556d, 556g BGB) im Wege der Abtretung verfolgt (hier: Abgrenzung der einem registrierten Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG aF gestatteten Forderungseinziehung von unzulässigen Maßnahmen der Anspruchsabwehr).
BGH, Urteil vom 18. Mai 2022 - VIII ZR 423/21 - LG Berlin
AG Berlin-Mitte
GRUR Prax 16-17/2022(17. August 2022) - EuGH 22.6.2022 – C-267/20 LKW-Kartell: Wann verjähren Kartellschadensersatzansprüche?
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
Art. 10 der Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass er eine materiell-rechtliche Vorschrift im Sinne von Art. 22 Abs. 1 dieser Richtlinie darstellt und dass eine Schadensersatzklage in seinen zeitlichen Geltungsbereich fällt, die zwar eine vor dem Inkrafttreten dieser Richtlinie beendete Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht betrifft, aber nach dem Inkrafttreten der Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht erhoben wurde, soweit die für diese Klage nach den alten Vorschriften geltende Verjährungsfrist nicht vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie abgelaufen war.
Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2014/104 ist dahin auszulegen, dass er eine verfahrensrechtliche Vorschrift im Sinne von Art. 22 Abs. 2 dieser Richtlinie darstellt und dass eine Schadensersatzklage in seinen zeitlichen Geltungsbereich fällt, die zwar eine vor dem Inkrafttreten dieser Richtlinie beendete Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht betrifft, aber nach dem 26. Dezember 2014 und nach dem Inkrafttreten der Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht erhoben wurde.
Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2014/104 ist dahin auszulegen, dass er eine materiell-rechtliche Vorschrift im Sinne von Art. 22 Abs. 1 dieser Richtlinie darstellt und dass eine Schadensersatzklage nicht in seinen zeitlichen Geltungsbereich fällt, die zwar nach dem Inkrafttreten der Vorschriften zur verspäteten Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht erhoben wurde, aber eine vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie beendete Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht betrifft.
GRUR Prax 16-17/2022(17. August 2022) - BPatG 29.6.2022 – 35 W (pat) 11/20 Doppelvertretung im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren II
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Gebrauchsmuster …
(hier: Kostenfestsetzungsverfahren)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 29. Juni 2022 durch den Vorsitzenden Richter Metternich sowie die Richter Dr. Nielsen und Eisenrauch
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juli 2020 aufgehoben.
2. Die von den Antragsgegnerinnen der Antragstellerin zu erstattenden Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens werden auf
6.242,10 €
(in Worten: sechstausendzweihundertzweiundvierzig 10/100 EUR)
festgesetzt.
Dieser Betrag ist ab dem 14. Februar 2020 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
3. Die weitergehende Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
4. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin 1/3 und die Antragsgegnerinnen 2/3 zu tragen.
GRUR Prax 16-17/2022(17. August 2022) - BGH 17.5.2022 – VI ZR 123/21 Gegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen kann nur der unmittelbar Verletzte vorgehen
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2
a) Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Ehemanns durch eine Berichterstattung über die Umstände des Todes der Ehefrau.
b) Gegen rechtsverletzende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht kann nur der unmittelbar Verletzte, nicht auch derjenige vorgehen, der von den Fernwirkungen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen nur mittelbar belastet wird, solange diese Auswirkungen nicht auch als Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind. Es hängt von den Umständen einer Berichterstattung über den Tod einer Person im Einzelfall ab, ob sie das Persönlichkeitsrecht eines nahen Angehörigen unmittelbar oder nur mittelbar beeinträchtigt.
c) Eine vom Recht auf Achtung der Privatsphäre umfasste Situation großer emotionaler Belastung kann auch die des Bangens um das Leben eines nahen Angehörigen sein.
BGH, Urteil vom 17. Mai 2022 - VI ZR 123/21 - KG Berlin
GRUR Prax 16-17/2022(17. August 2022) - BGH 12.4.2022 – X ZR 73/20 Zum Verhältnis von Neuheit und Geschäftsgeheimnis
Oberflächenbeschichtung
PatG § 3 Abs. 1 Satz 2; GeschGehG § 2 Nr. 1
a) Bei gewerblicher Entwicklungs- oder Erprobungstätigkeit, bei der ein betriebliches Interesse daran besteht, die dabei entstehenden Kenntnisse nicht nach außen dringen zu lassen, ist im Regelfall und ohne Hinzutreten besonderer Umstände die öffentliche Zugänglichkeit der gewonnenen Kenntnisse zu verneinen. Dies gilt jedenfalls so lange, wie die Kenntnisse nur solchen Personen zugänglich sind, die an dieser Entwicklungs- und Erprobungstätigkeit beteiligt sind, aber auch dann, wenn die Herstellung oder einzelne Herstellungsschritte auf Dritte übertragen werden (Bestätigung von BGH, Urteil vom 14. Mai 2019 - X ZR 93/17, Rn. 34; Urteil vom 10. November 1998 - X ZR 137/94, Mitt. 1999, 362, juris Rn. 35 - Herzklappenprothese).
b) Informationen, die nicht unter den Begriff des Geschäftsgeheimnisses im Sinne von § 2 Nr. 1 GeschGehG fallen, sind nicht ohne weiteres als der Öffentlichkeit zugänglich im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG anzusehen.
BGH, Urteil vom 12. April 2022 - X ZR 73/20 - Bundespatentgericht
GRUR Prax 16-17/2022(17. August 2022) - EuGH 14.7.2022 – C-159/20 Markenrecht Schutz von g.g.A./g.U. auch bei Ausfuhr in Drittländer
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Königreich Dänemark hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 13 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel verstoßen, dass es die Verwendung der geschützten Ursprungsbezeichnung (g. U.) „Feta“ durch dänische Milcherzeuger zur Bezeichnung von Käse, der nicht der Produktspezifikation dieser g. U. entspricht, nicht vermieden und beendet hat.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Das Königreich Dänemark trägt neben seinen eigenen Kosten vier Fünftel der Kosten der Europäischen Kommission.
4. Die Europäische Kommission trägt ein Fünftel ihrer Kosten.
5. Die Hellenische Republik und die Republik Zypern tragen ihre eigenen Kosten.
Sunday, August 28, 2022
CR online 08/2022 - EuGH v. 14.7.2022 - C-145/20, EuGH: Dieselskandal: Motor-Software mit der unzulässigen Abschalteinrichtung Thermofenster ist nicht geringfügig vertragswidrig
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass ein Kraftfahrzeug, das in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge fällt, nicht die Qualität aufweist, die bei Gütern der gleichen Art üblich ist und die der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann, wenn es, obwohl es über eine gültige EG‑Typgenehmigung verfügt und daher im Straßenverkehr verwendet werden kann, mit einer Abschalteinrichtung ausgestattet ist, deren Verwendung nach Art. 5 Abs. 2 dieser Verordnung verboten ist.
2. Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 715/2007 ist dahin auszulegen, dass eine Abschalteinrichtung, die insbesondere die Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Emissionsgrenzwerte nur gewährleistet, wenn die Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius liegt, nach dieser Bestimmung allein unter der Voraussetzung zulässig sein kann, dass nachgewiesen ist, dass diese Einrichtung ausschließlich notwendig ist, um die durch eine Fehlfunktion eines Bauteils des Abgasrückführungssystems verursachten unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall zu vermeiden, Risiken, die so schwer wiegen, dass sie eine konkrete Gefahr beim Betrieb des mit dieser Einrichtung ausgestatteten Fahrzeugs darstellen. Eine Abschalteinrichtung, die unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste, damit der Motor vor Beschädigung oder Unfall geschützt und der sichere Betrieb des Fahrzeugs gewährleistet ist, kann jedenfalls nicht unter die in Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 715/2007 vorgesehene Ausnahme fallen.
3. Art. 3 Abs. 6 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass eine Vertragswidrigkeit, die darin besteht, dass ein Fahrzeug mit einer Abschalteinrichtung ausgerüstet ist, deren Verwendung nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 715/2007 verboten ist, nicht als „geringfügig“ eingestuft werden kann, selbst wenn der Verbraucher – falls er von der Existenz und dem Betrieb dieser Einrichtung Kenntnis gehabt hätte – dieses Fahrzeug dennoch gekauft hätte
CR online 08/2022 - EuGH v. 14.7.2022 - C-128/20, EuGH: Dieselskandal: Motor-Software mit der unzulässigen Abschalteinrichtung Thermofenster ist vertragswidrig
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 dieser Verordnung ist dahin auszulegen, dass eine Einrichtung, die die Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Emissionsgrenzwerte nur gewährleistet, wenn die Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius liegt und der Fahrbetrieb unterhalb von 1 000 Höhenmetern erfolgt, eine „Abschalteinrichtung“ im Sinne dieses Art. 3 Nr. 10 darstellt.
2. Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 715/2007 ist dahin auszulegen, dass eine Abschalteinrichtung, die die Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Emissionsgrenzwerte nur gewährleistet, wenn die Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius liegt und der Fahrbetrieb unterhalb von 1 000 Höhenmetern erfolgt, nicht allein deshalb unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme vom Verbot der Verwendung solcher Einrichtungen fallen kann, weil diese Einrichtung zur Schonung von Anbauteilen wie Abgasrückführventil, AGR-Kühler und Dieselpartikelfilter beiträgt, es sei denn, es ist nachgewiesen, dass diese Einrichtung ausschließlich notwendig ist, um die durch eine Fehlfunktion eines dieser Bauteile verursachten unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall zu vermeiden, Risiken, die so schwer wiegen, dass sie eine konkrete Gefahr beim Betrieb des mit dieser Einrichtung ausgestatteten Fahrzeugs darstellen. Eine Abschalteinrichtung, die unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste, damit der Motor vor Beschädigung oder Unfall geschützt und der sichere Betrieb des Fahrzeugs gewährleistet ist, kann jedenfalls nicht unter die in Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 715/2007 vorgesehene Ausnahme fallen.