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Wednesday, October 28, 2020
CR online 10/2020 - EuGH v. 15.9.2020 - C-807/18 und C-39/19, EuGH: Unzulässige Bevorzugung von Datenverkehr kostenloser Anwendungen und Dienste in Paketabos
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
Art. 3 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union ist dahin auszulegen, dass Pakete, die Gegenstand von Vereinbarungen zwischen einem Anbieter von Internetzugangsdiensten und Endnutzern sind, wonach Letztere einen Tarif buchen können, der sie berechtigt, ein bestimmtes Datenvolumen uneingeschränkt zu nutzen, ohne dass die Nutzung bestimmter Anwendungen und Dienste, für die ein „Nulltarif“ gilt, angerechnet wird, und diese Anwendungen und Dienste weiterhin zu nutzen, nachdem das gebuchte Datenvolumen ausgeschöpft wurde, während die übrigen verfügbaren Anwendungen und Dienste blockiert oder verlangsamt werden,
– mit Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit dessen Abs. 1 unvereinbar sind, da diese Pakete, Vereinbarungen und Blockierungs- oder Verlangsamungsmaßnahmen die Ausübung der Rechte der Endnutzer einschränken, und
– mit Art. 3 Abs. 3 unvereinbar sind, da die Blockierungs- und Verlangsamungsmaßnahmen auf kommerziellen Erwägungen beruhen.
CR online 10/2020 - EuGH v. 3.9.2020 - C-539/19, EuGH: Automatische Umstellung aller Mobilfunkkunden auf regulierten Roamingtarif
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 6a und Art. 6e Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union in der durch die Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die Roaminganbieter ab dem 15. Juni 2017 verpflichtet waren, den u. a. in Art. 6a dieser Verordnung vorgesehenen regulierten Roamingtarif automatisch auf alle ihre Kunden anzuwenden, und zwar unabhängig davon, ob die Kunden zuvor einen regulierten Roamingtarif oder einen anderen Tarif als den regulierten Roamingtarif gewählt hatten, es sei denn, dass sie vor dem Stichtag des 15. Juni 2017 gemäß dem dafür in Art. 6e Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung vorgesehenen Verfahren ausdrücklich erklärt haben, dass sie einen solchen anderen Tarif nutzen möchten.
Der IP-Rechts-Berater 10/2020 - BGH v. 30.1.2020 - I ZR 40/17 / Seelig, Geert Johann, Zugangsgewährung zu Kfz-Teile-Daten für unabhängige Marktteilnehmer
Ersatzteilinformation II
UWG § 3a; Verordnung (EG) Nr. 715/2007 Art. 6; Verordnung (EG) Nr. 692/2008 Ziffer 2.1 Abs. 4 des Anhangs XIV; Verordnung (EU) Nr. 566/2011
a) Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171 vom 29. Juni 2007, S. 1) ist eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 3a UWG.
b) Ein Automobilhersteller, der potentiellen Nutzern auf seiner Website ein Informationsportal gegen Entgelt zur Verfügung stellt, auf dem mittels Eingabe der Fahrzeugidentifikationsnummer nach Fahrzeugen gesucht und die Original-Ersatzteile ermittelt werden können, genügt seiner aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 folgenden Pflicht zur Gewährung eines uneingeschränkten und standardisierten Zugangs zu Reparatur- und Wartungsinformationen auf leicht und unverzüglich zugängliche Weise über das Internet mithilfe eines standardisierten Formats, auch wenn die Informationen nicht in elektronisch weiterverarbeitbarer Form zur Verfügung gestellt werden.
c) Das in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 vorgesehene Diskriminierungsverbot ist nicht verletzt, wenn ein Automobilhersteller durch Einschaltung eines Informationsdienstleisters zugunsten von autorisierten Händlern und Reparaturbetrieben einen weiteren Informationskanal für den Vertrieb von Originalersatzteilen eröffnet, sofern über dieses Informationssystem nicht mehr oder bessere Informationen zugänglich sind, als unabhängige Marktteilnehmer über das Informationsportal des Automobilherstellers erlangen können.
BGH, Urteil vom 30. Januar 2020 - I ZR 40/17 - OLG Frankfurt am Main LG Frankfurt am Main
GRUR 10/2020 - BGH 14.7.20 – X ZB 4/19 Vereinbarkeit des Beglaubigungserfordernisses mit Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – Druckstück
Druckstück PatG §§ 35a, 34 Abs. 6; PatV § 14 Abs. 1 aF; GG Art. 14 Abs. 1 A, Art. 20 Abs. 3
§ 14 Abs. 1 PatV in der Fassung vom 11. Mai 2004 steht in Einklang mit Art. 14 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG.
BGH, Beschluss vom 14. Juli 2020 - X ZB 4/19 - Bundespatentgericht
GRUR 10/2020 - BGH 7.7.20 – X ZR 42/17 Anforderungen an Schadensersatzansprüche wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung III
Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung III
BGB § 823 Ai.
a) Erfolgt eine Schutzrechtsverwarnung teilweise zu Recht, geht sie aber ihrem Umfang nach über das hinaus, was der Rechtsinhaber berechtigterweise fordern kann, liegt darin kein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, wenn das zu Unrecht beanstandete Verhalten vom Verwarnten nach den gesamten Umständen vernünftigerweise nicht zu erwarten ist.
b) Soweit die an einen Abnehmer gerichtete Schutzrechtsverwarnung unberechtigt ist, liegt darin kein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Herstellers, wenn ihr insoweit die Eignung fehlt, dessen Geschäftstätigkeit zu beeinträchtigen.
BGH, Teilversäumnis- und Schlussurteil vom 7. Juli 2020 - X ZR 42/17 - OLG Frankfurt am Main LG Frankfurt am Main
GRUR 10/2020 - BGH 23.7.20 – I ZR 143/19 EuGH-Vorlage zu Informationspflichten auf Lebensmittelverpackungen – Vitalis
Knuspermüsli
Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2, Art. 33 Abs. 2 Unterabs. 2
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2 und Art. 33 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. L 304 vom 22. November 2011, S. 18; im Weiteren: Lebensmittelinformationsverordnung - LMIV) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2 LMIV dahin auszulegen, dass diese Regelung allein für Lebensmittel gilt, bei denen eine Zubereitung erforderlich und die Zubereitungsweise vorgegeben ist? 2. Falls Frage 1 zu verneinen ist: Meint die Wortfolge ""je 100 g"" in Art. 33 Abs. 2 Unterabs.
2 LMIV allein 100 Gramm des Produkts zum Zeitpunkt des Verkaufs oder aber - zumindest auch - 100 Gramm des zubereiteten Lebensmittels?
BGH, Beschluss vom 23. Juli 2020 - I ZR 143/19 - OLG Hamm LG Bielefeld
GRUR 10/2020 - BGH 23.7.20 – I ZB 42/19 Schutzfähigkeit für Schokoladenwarenverpackung – Quadratische Tafelschokoladenverpackung II (m. Anm. Andreas Sattler, S. 1094)
Quadratische Tafelschokoladenverpackung II
MarkenG § 3 Abs. 2 Nr. 3, § 54 Abs. 2
a) Aus § 54 Abs. 2 MarkenG geht nicht hervor, dass im Markenlöschungsverfahren eine Erweiterung des Streitgegenstands um weitere Löschungsgründe unzulässig ist. Ist bereits ein Löschungsverfahren anhängig und werden weitere Löschungsgründe geltend gemacht, werden diese vielm ehr unter den Voraussetzungen der entsprechend anwendbaren Regelung des § 263 ZPO Gegenstand des laufenden Verfahrens, ohne ein neues Löschungsverfahren in Gang zu setzen. Den nachgeschobenen Löschungsgründen muss daher auch nicht innerhalb von zwei Monaten widersprochen werden, um eine Löschung zu verhindern.
b) Das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bezieht sich nicht nur auf die Form von Waren, die einen rein künstlerischen oder dekorativen Wert haben, sondern auch auf Warenformen, die außer einem bedeutenden ästhetischen Element auch wesentliche funktionelle Eigenschaften aufweisen.
c) Das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG liegt vor, wenn aus objektiven und verläss lichen Gesichtspunkten hervorgeht, dass die Entscheidung der Verbraucher, die betreffende Ware zu kaufen, in hohem Maße dadurch bestimmt wird, dass die Form der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Es kommt nicht darauf an, ob die Form der Ware für den Markeninhaber einen besonderen wirtschaftlichen Wert hat, weil sie sich im Verkehr als Hinweis auf die Herkunft der Ware durchgesetzt hat.
d) Bei der Entscheidung, ob dieses Schutzhindernis vorliegt, ist die Verkehrsauffassung kein ents cheidender Faktor. Maßgeblich sind vielmehr Beurteilungskriterien, wie die Art der in Rede stehenden Warenkategorie, der künstlerische Wert der fraglichen Form, ihre Andersartigkeit im Vergleich zu anderen auf dem jeweiligen Markt allgemein genutzten Formen, ein bedeutender Preisunterschied gegenüber ähnlichen Produkten oder die Ausarbeitung einer Vermarktungsstrategie, die hauptsächlich die ästhetischen Eigenschaften der jeweiligen Ware herausstreicht.
BGH, Beschluss vom 23. Juli 2020 - I ZB 42/19 - Bundespatentgericht
GRUR 10/2020 - BGH 28.5.20 – I ZR 129/19 Rechtsmissbräuchliche Abmahnung bei Urheberrechtsverstoß – Al Di Meola
Verkündet am: 28. Mai 2020 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Mai 2020 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke, den Richter Feddersen und die Richterin Dr. Schmaltz
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 8 - vom 21. Juni 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg - Abteilung 18b - vom 10. November 2017 auf die Berufung der Beklagten abgeändert und die Klage vollumfänglich abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Von Rechts wegen
GRUR 10/2020 - EuGH 8.9.20 – C-265/19 Angemessene Vergütung für „ausübende Künstler“ auch aus Nicht-EWRStaaten – RAAP/PPI ua
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums ist im Licht von Art. 4 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 des Vertrags der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) über Darbietungen und Tonträger dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat im Rahmen der Umsetzung in das nationale Recht des in der Vorschrift enthaltenen Ausdrucks „ausübende Künstler“, mit dem die Künstler gemeint sind, die Anspruch auf die einzige angemessene Vergütung im Sinne der Vorschrift haben, die Künstler ausschließt, die die Staatsangehörigkeit eines Staates besitzen, der nicht zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehört, und von diesem Ausschluss lediglich die Künstler ausnimmt, die ihren Wohnsitz im EWR haben oder sich dort aufhalten oder die ihren Beitrag zum Tonträger im EWR erbracht haben.
2. Art. 15 Abs. 3 des Vertrags der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) über Darbietungen und Tonträger und Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115 sind beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts dahin auszulegen, dass von Drittstaaten gemäß Art. 15 Abs. 3 dieses Vertrags notifizierte Vorbehalte, die zur Folge haben, dass der in Art. 15 Abs. 1 des Vertrags vorgesehene Anspruch auf eine einzige angemessene Vergütung im Hoheitsgebiet dieser Staaten eingeschränkt wird, in der Europäischen Union bei Personen, die die Staatsangehörigkeit der betreffenden Drittstaaten besitzen, nicht zu Einschränkungen des in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115 vorgesehenen Anspruchs führen, solche Einschränkungen aber unter der Voraussetzung, dass sie den Anforderungen von Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entsprechen, vom Unionsgesetzgeber eingeführt werden können. Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115 steht daher dem entgegen, dass ein Mitgliedstaat den Anspruch auf eine einzige angemessene Vergütung bei ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern, die die Staatsangehörigkeit solcher Drittstaaten besitzen, einschränkt.
3. Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115 ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass der in ihm vorgesehene Anspruch auf eine einzige angemessene Vergütung in der Weise eingeschränkt wird, dass nur der Tonträgerhersteller eine Vergütung erhält, ohne sie mit dem ausübenden Künstler, der einen Beitrag zu dem Tonträger erbracht hat, teilen zu müssen.
GRUR Prax 19/2020(30 September 2020) - BGH 14.7.2020 - KVZ 56/19 Zulassung der Rechtsbeschwerde zu Bestpreisklauseln (Jan Peter Heidenreich)
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Juli 2020 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Prof. Dr. Kirchhoff und Dr. Tolkmitt sowie die Richterinnen Dr. Picker und Dr. Linder
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Juni 2019 wird zugelassen.
GRUR Prax 19/2020(30 September 2020) - BGH 23.7.2020 - KVR 69/19 der Wahlfreiheit seiner Nutzer hinsichtlich der Datenverarbeitung Marktmachtmissbrauch durch Facebook wegen Beschränkung (Tobias Schubert)
Facebook
GWB § 19 Abs. 1
a) Die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung setzt bei einem Konditionenmissbrauch nach § 19 Abs. 1 GWB nicht stets einen Kausalzusammenhang zwischen der Marktbeherrschung und dem missbilligten Verhalten (Verhaltenskausalität) voraus. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Marktbeherrschung und dem Marktergebnis (Ergebniskausalität) kann genügen, wenn aufgrund der besonderen Marktbedingungen das Verhalten des marktbeherrschenden Unternehmens zu Marktergebnissen führt, die bei funktionierendem Wettbewerb nicht zu erwarten wären, und zudem das beanstandete Verhalten nicht nur eine Ausbeutung darstellt, sondern gleichzeitig auch geeignet ist, den Wettbewerb zu behindern.
b) Ein solcher kausaler Zusammenhang zwischen Marktbeherrschung und Marktergebnis kann bei zweiseitigen Plattformmärkten insbesondere dann gegeben sein, wenn die Ausbeutung auf der einen Marktseite durch den Intermediär zugleich geeignet ist, den Wettbewerb auf dem beherrschten Markt sowie auf der anderen Marktseite zu beeinträchtigen.
c) Bedingt sich der marktbeherrschende Betreiber eines sozialen Netzwerks in den Nutzungsbedingungen aus, dem Nutzer ein ""personalisiertes Erlebnis"" bereitzustellen, für dessen Inhalt personenbezogene Daten des Nutzers verwendet werden, die durch die Erfassung des Aufrufs von Internetseiten außerhalb des sozialen Netzwerks gewonnen werden, kann hierin die missbräuchliche Ausnutzung seiner marktbeherrschenden Stellung liegen.
BGH, Beschluss vom 23. Juni 2020 - KVR 69/19 - OLG Düsseldorf
GRUR Prax 19/2020(30 September 2020) - EuGH 16.7.2020 - C-606/18 P Befugnisse der EU-Kommission bei der Nachprüfung nach Kartellverstößen (Hermann Dück)
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Nexans France SAS und die Nexans SA tragen die Kosten.
GRUR Prax 19/2020(30 September 2020) - EuGH 2.7.2020 - C-265/19 Verpflichtung zur Inländerbehandlung ausübender Künstler (Ralf Kitzberger)
1. Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen des High Court (oberstes Zivil- und Strafgericht, Irland) betrifft die Auslegung von Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG(2) in Verbindung mit den Art. 4 und 15 des am 20. Dezember 1996 in Genf angenommenen und mit dem Beschluss 2000/278/EG des Rates im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigten Vertrags der Weltorganisation für geistiges Eigentum (im Folgenden: WIPO) über Darbietungen und Tonträger (im Folgenden: WPPT)(3).
2. Das vorlegende Gericht möchte mit seinen Fragen im Wesentlichen wissen, welche ausübenden Künstler (und Hersteller) nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115 Anspruch auf eine „angemessene Vergütung“ haben können. Die Fragen beziehen sich somit auf den Anwendungsbereich dieser Bestimmung, wobei die erste, die zweite und die dritte Frage sich in erster Linie auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Union und gegebenenfalls diejenigen der Mitgliedstaaten beziehen.
3. Das vorlegende Gericht möchte im Wesentlichen wissen, ob die in Art. 4 WPPT vorgesehene Verpflichtung zur Inländerbehandlung für Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115 gilt, und im Rahmen der zweiten, der dritten und der vierten Frage, welchen Ermessensspielraum die Mitgliedstaaten in Bezug darauf haben, wem das in der Richtlinie genannte Recht auf eine einzige angemessene Vergütung zusteht, insbesondere, wenn der WPPT und das Rom-Abkommen Vorbehalte zulassen.
GRUR Prax 19/2020(30 September 2020) - BPatG 19.3.2020 - 35 W (pat) 14/18 Ohne Schätzungsgrundlage Gegenstandswert in Gebrauchsmusterlöschungsverfahren höchstens 500.000 EUR (Johannes Graf Ballestrem)
In Sachen
…
wegen Löschung des Gebrauchsmusters … (hier: Kostenfestsetzungsverfahren) hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. März 2020 durch den Vorsitzenden Richter Metternich sowie den Richter Eisenrauch und die Richterin Bayer
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Juli 2018 dahingehend abgeändert, dass die durch die Antragsgegnerin an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 5.793,00 € festgesetzt werden. Dieser Betrag ist ab dem 20. Februar 2018 mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin zu 9/10 und die Antragsgegnerin zu 1/10.
GRUR Prax 19/2020(30 September 2020) - BPatG 11.3.2020 - 28 W (pat) 6/19 Nachträgliche Konkretisierung der Beschreibung einer Positionsmarke (Friedrich Albrecht)
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2017 019 352.1
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 11. März 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Kruppa und des Richters Hermann
beschlossen:
1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 2018 wird aufgehoben.
2. Der Anmeldetag für das Zeichen 30 2017 019 352.1 ist auf den 3. August 2017 festzusetzen.
GRUR Prax 19/2020(30 September 2020) - BPatG 25.6.2020 - 30 W (pat) 531/18 Eintragungsfähigkeit schlagwortartiger Wortfolgen (Daniel Wolsing)
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 036 473.0
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juni 2020 unter Mitwirkung des Richters Merzbach als Vorsitzendem sowie des Richters Dr. Meiser und der Richterin Akintche
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Februar 2018 aufgehoben.
GRUR Prax 19/2020(30 September 2020) - BPatG 27.7.2020 - 26 W (pat) 552/17 Zergliederung einer Einwortmarke (Matthias Grob)
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2015 207 340
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. Juli 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Kätker und Dr. von Hartz
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Mai 2017 wird aufgehoben. Das Deutsche Patent- und Markenamt wird angewiesen, die Eintragung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 30 2014 008 138 zu löschen.
GRUR Prax 19/2020(30 September 2020) - BPatG 10.8.2020 - 26 W (pat) 540/20 Markenstelle muss „Schwiegermonster“ erneut prüfen (Theresa Uhlenhut)
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2019 105 259.5
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 10. August 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Kätker und Dr. von Hartz
beschlossen:
1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Januar 2020 wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet
GRUR Prax 20/2020(14. Oktober 2020) - BGH 27.8.2020 - III ZB 30/20 Digitaler Nachlass (Zuhal Ayar)
ZPO § 888 Abs. 1 Satz 1
Zur Auslegung eines Vollstreckungstitels (siehe BGH, Urteil vom 12. Juli 2018 - III ZR 183/17, BGHZ 219, 243), der die - ein soziales InternetNetzwerk betreibende - Schuldnerin verpflichtet, den Erben einer verstorbenen Teilnehmerin an dem Netzwerk Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten der Erblasserin zu gewähren.
BGH, Beschluss vom 27. August 2020 - III ZB 30/20 - KG Berlin LG Berlin
GRUR Prax 20/2020(14. Oktober 2020) - EuGH 10.9.2020 - C 59/19 Wo klagen Wickie und die starken Männer? (Sascha Pres/Tobias Voßberg)
(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs [Deutschland])
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen – Internationale Zuständigkeit – Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 – Art. 7 Nr. 1 und Art. 7 Nr. 2 – Besondere Zuständigkeiten, wenn ‚ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag‘ oder ‚eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden‘ – Begriffe – Einstufung zivilrechtlicher Haftungsklagen zwischen Vertragsparteien – Auf eine Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften des Wettbewerbsrechts gestützte zivilrechtliche Haftungsklage“
GRUR Prax 20/2020(14. Oktober 2020) - BPatG 2.10.2019 - 29 W (pat) 17/17 Maßgebliche Kreise für die Verkehrsdurchsetzung (Andreas Lubberger)
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2015 057 898.3 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. Oktober 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Akintche und die Richterin Seyfarth
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. November 2015 und vom 7. November 2016 aufgehoben.
2. Das Verfahren wird zur Prüfung der Verkehrsdurchsetzung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
GRUR Prax 20/2020(14. Oktober 2020) - BPatG 2.7.2020 - 29 W (pat) 16/18 Einfluss der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit auf den Bekanntheitsschutz (Susanne Frenz)
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2016 205 427 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 02. Juli 2020 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Akintche und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Februar 2018 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Unionsmarke 011 576 865 hinsichtlich der Dienstleistung der
Klasse 41: Bereitstellen durchsuchbarer Veröffentlichungen in einem weltweiten Computernetz oder im Internet zurückgewiesen worden ist. Wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke 011 576 865 wird die Löschung der Marke 30 2016 205 427 in diesem Umfang angeordnet.
2. Die Beschwerde der Widersprechenden ist derzeit gegenstandslos, soweit die Widersprüche aus der Unionsmarke 001 029 198 und aus der notorisch bekannten Marke „EBAY“ auf die Löschung der angegriffenen Marke für die Dienstleistung „Bereitstellen durchsuchbarer Veröffentlichungen in einem weltweiten Computernetz oder im Internet“ gerichtet sind.
3. Im Übrigen wird die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen.
4. Der Antrag des Beschwerdegegners, der Widersprechenden und Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
GRUR Prax 20/2020(14. Oktober 2020) - BPatG 18.8.2020 - 29 W (pat) 45/17 Bösgläubige Anmeldung erloschener historischer Marke trotz Zeichenbenutzung des Anmelders (Andreas Klein)
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2013 050 546 (Löschungsverfahren S 214/15) hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2020 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Akintche und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Löschungsantragstellerin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. März 2017 aufgehoben. Die Löschung der Marke 30 2013 050 546 wird angeordnet.
2. Der Beschwerdegegner und Inhaber der angegriffenen Marke hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Blatt für PMZ 10/2020 - BGH, Beschluss vom 13.7.2020 – X ZR 90/18
Signalübertragungssystem
PatG § 81
Das nach Ablauf der Schutzdauer eines Patents erforderliche Rechtsschutzinteresse für eine Patentnichtigkeitsklage ist nur dann zu verneinen, wenn eine Inanspruchnahme aus dem Schutzrecht ernstlich nicht mehr in Betracht kommt (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 14. Februar 1995 - X ZB 19/94, GRUR 1995, 342 f. - Tafelförmige Elemente).
BGH, Beschluss vom 13. Juli 2020 - X ZR 90/18 - Bundespatentgericht
Tuesday, October 27, 2020
Monday, October 5, 2020
Wednesday, September 30, 2020
Tuesday, September 29, 2020
CR online 09/2020 - BGH v. 8.10.2019 - EnVR 12/18, BGH: Bundesnetzagentur – Veröffentlichung von Daten II
Veröffentlichung von Daten II
ARegV § 31 Abs. 1
a) Bei der Prüfung, ob und inwieweit die nach § 31 Abs. 1 ARegV zu veröffentlichenden Daten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen, darf das Merkmal des berechtigten Interesses des Unternehmens an der Geheimhaltung nicht in einer Weise interpretiert werden, welche die Voraussetzungen des Geheimnisschutzes mit der Frage vermengt, ob das Geheimhaltungsinteresse gegenüber einem öffentlichen Interesse an der Offenlegung der Daten zurücktreten muss.
b) Die Veröffentlichung der in § 31 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 5, 11 und 12 ARegV genannten Daten sowie des Effizienzwertes nach § 31 Abs. 1 Nr. 4 ARegV ist zulässig (teilweise Aufgabe von BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2018 - EnVR 1/18, RdE 2019, 116 - Veröffentlichung von Daten).
BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2019 - EnVR 12/18 - OLG Düsseldorf
Der IP-Rechts-Berater 09/2020 - BGH v. 7.5.2020 - V ZB 110/19 / Brandi-Dohrn, Anselm, Neues zu den Kosten des Abschlussschreibens?
VV-RVG Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 Variante 3
a) Für die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 Variante 3 VV RVG genügt der Abschluss eines außergerichtlichen schriftlichen Vergleichs; nicht erforderlich ist, dass der Vergleich protokolliert oder sein Zustandekommen gemäß § 278 Abs. 6 ZPO seitens des Gerichts festgestellt wird.
b) Die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 Variante 3 VV RVG entsteht auch dann, wenn der schriftliche Vergleich in einem einstweiligen Verfügungsverfahren nach §§ 935 ff. ZPO geschlossen wird.
BGH, Beschluss vom 7. Mai 2020 - V ZB 110/19 - LG Berlin KG
GRUR 09/2020 - BGH 28.5.20 – I ZB 25/18 Festsetzung des Gegenstandswerts im designrechtlichen Nichtigkeitsverfahren – Gegenstandswert Sporthelm
DesignG § 34a Abs. 5 Satz 2; RVG § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1, § 33 Abs. 1
a) Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit ist gemäß § 34a Abs. 5 Satz 2 DesignG in Verbindung mit § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 und § 33 Abs. 1 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen.
b) Maßgeblich für die Festsetzung des Gegenstandswerts im Designnichtigkeitsverfahren ist das wirtschaftliche Interesse des Designinhabers an der Aufrechterhaltung seines Designs.
c) Im designrechtlichen Nichtigkeitsverfahren entspricht die Festsetzung des Gegenstandswerts auf 50.000 € im Regelfall billigem Ermessen.
BGH, Beschluss vom 28. Mai 2020 - I ZB 25/18 - Bundespatentgericht
GRUR 09/2020 - BGH 25.6.20 – I ZR 162/16 Materielle und visuelle Dimension des Begriffs „beifügen“ von gesundheitsbezogenen Angaben – B-Vitamine II
B-Vitamine II
Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 6 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1, Abs. 3; UWG § 3a
a) Der Begriff ""beifügen"" im Sinne von Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 hat eine materielle und eine visuelle Dimension.
b) In seiner materiellen Dimension erfordert er eine inhaltliche Entsprechung zwischen der allgemeinen gesundheitsbezogenen Angabe und der speziellen gesundheitsbezogenen Angabe. Dies setzt im Wesentlichen voraus, dass die spezielle Angabe die allgemeine Angabe umfassend untermauert.
c) Die visuelle Dimension des Erfordernisses des ""Beifügens"" im Sinne von Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 bezieht sich auf die sofortige Wahrnehmung eines unmittelbaren visuellen Zusammenhangs zwischen dem Verweis auf die allgemeinen, nicht spezifischen Vorteile für die Gesundheit und der speziellen gesundheitsbezogenen Angabe durch einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Durchschnittsverbraucher und erfordert grundsätzlich eine räumliche Nähe oder unmittelbare Nachbarschaft zwischen dem Verweis und der Angabe.
d) Können die speziellen gesundheitsbezogenen Angaben wegen ihrer großen Zahl oder Länge nicht vollständig auf der Seite der Verpackung erscheinen, auf der sich der Verweis befindet, den sie untermauern sollen, kann das Erfordernis eines unmittelbaren visuellen Zusammenhangs ausnahmsweise durch einen ausdrücklichen Hinweis wie etwa einen Sternchenhinweis erfüllt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass damit klar und für den Verbraucher vollkommen verständlich die inhaltliche Entsprechung zwischen den gesundheitsbezogenen Angaben und dem Verweis in räumlicher Hinsicht sichergestellt wird.
e) Für allgemeine gesundheitsbezogene Angaben müssen - anders als für spezielle gesundheitsbezogene Angaben - keine unmittelbaren wissenschaftlichen Nachweise im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 erbracht werden. Vielmehr genügt es, dass für allgemeine gesundheitsbezogene Angaben dadurch mittelbare wissenschaftliche Nachweise erbracht werden, dass ihnen spezielle gesundheitsbezogene Angaben beigefügt sein müssen, die durch wissenschaftliche Nachweise belegt sind.
BGH, Urteil vom 25. Juni 2020 - I ZR 162/16 - OLG Düsseldorf LG Düsseldorf
GRUR 09/2020 - BGH 25.6.20 – I ZR 176/19 EuGH-Vorlage zur Darbietung von Tabakerzeugnissen über Warenausgabeautomaten – Zigarettenausgabeautomat
"Zigarettenausgabeautomat
Richtlinie 2014/40/EU Art. 8 Abs. 3 Satz 1, Art. 8 Abs. 8
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 und Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Erfasst der Begriff des Inverkehrbringens im Sinne des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU das Darbieten von Tabakerzeugnissen über Warenausgabeautomaten in der Weise, dass die darin befindlichen Zigarettenpackungen zwar die gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise aufweisen, die Zigarettenpackungen aber zunächst für den Verbraucher nicht sichtbar im Automaten vorrätig gehalten werden und die darauf befindlichen Warnhinweise erst sichtbar werden, sobald der zuvor vom Kassenpersonal freigegebene Automat vom Kunden betätigt und die Zigarettenpackung dadurch noch vor dem Bezahlvorgang auf das Kassenband ausgegeben wird?
2. Erfasst das in Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU enthaltene Verbot, die Warnhinweise ""durch sonstige Gegenstände zu verdecken"", den Fall, dass im Rahmen der Warenpräsentation durch einen Automaten die ganze Tabakverpackung verdeckt wird?
3. Ist das Tatbestandsmerkmal ""Bilder von Packungen"" in Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/EU auch dann erfüllt, wenn es sich bei einer Abbildung zwar nicht um ein naturgetreues Abbild der Originalverpackung handelt, der Verbraucher das Bild aber aufgrund seiner Gestaltung hinsichtlich Umrissen, Proportionen, Farben und Markenlogo mit einer Tabakverpackung assoziiert?
4. Ist den Anforderungen des Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/EU unabhängig von der verwendeten Abbildung bereits dann genügt, wenn der Verbraucher vor Abschluss des Kaufvertrags die Gelegenheit hat, die Zigarettenverpackungen mit den vorgeschriebenen Warnhinweisen wahrzunehmen?
BGH, Beschluss vom 25. Juni 2020 - I ZR 176/19 - OLG München LG München I
GRUR 09/2020 - BGH 25.6.20 – I ZR 74/19 EuGH-Vorlage zum Begriff der „Bezahlung“ einer Verkaufsförderung im Sinne der UGP-RL – GRAZIA StyleNights
GRAZIA StyleNights
Richtlinie 2005/29/EG Nr. 11 Satz 1 Anhang I
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Nr. 11 Satz 1 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG des Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist eine ""Bezahlung"" einer Verkaufsförderung im Sinne von Nr. 11 Satz 1 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG nur dann gegeben, wenn für den Einsatz redaktioneller Inhalte in Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung eine Gegenleistung in Geld erbracht wird, oder ist von dem Begriff der ""Bezahlung"" jede Art der Gegenleistung umfasst, ohne dass es darauf ankommt, ob diese in Geld, in Waren oder Dienstleistungen oder in sonstigen Vermögenswerten besteht?
2. Setzt Nr. 11 Satz 1 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG voraus, dass der Gewerbetreibende dem Medienunternehmer den geldwerten Vorteil als Gegenleistung für den Einsatz redaktioneller Inhalte verschafft und ist, falls dies zu bejahen ist, von einer solchen Gegenleistung auch in einem Fall auszugehen, in dem der Medienunternehmer über eine gemeinsam mit einem Gewerbetreibenden veranstaltete Werbeaktion berichtet, wenn der Gewerbetreibende dem Medienunternehmer für den Bericht Bildrechte zur Verfügung gestellt hat, sich beide Unternehmen an Kosten und Aufwand der Werbeaktion beteiligt haben und die Werbeaktion der Förderung des Verkaufs der Produkte beider Unternehmen dient?
BGH, Beschluss vom 25. Juni 2020 - I ZR 74/19 - OLG Hamburg LG Hamburg
GRUR 09/2020 - BGH 18.6.20 – I ZR 93/19 Keine Identität des branchenüblichen Vergütungssatzes mit vertraglich angebotener Lizenz – Nachlizenzierung
Nachlizenzierung
UrhG § 97 Abs. 2 Satz 1 und 3; ZPO § 287 Abs. 1 Satz 1 und 2
Eine Lizenzierung nach Verletzung ist nicht ohne weiteres geeignet, den objektiven Wert der bloßen (zukünftigen) Nutzung zu belegen; entgolten wird damit regelmäßig mehr als nur die einfache Nutzung. Die nach einer Verletzung vereinbarten ""Lizenzgebühren"" stellen nicht nur die Vergütung dar, die vernünftige Parteien als Gegenleistung für den Wert der künftigen legalen Benutzungshandlung vereinbart hätten; vielmehr bilden sie darüber hinaus regelmäßig eine Gegenleistung für die einvernehmliche Einigung über mögliche Ansprüche aus der vorangegangenen Rechtsverletzung. Dieser bei einem Nachlizenzierungsvertrag gegenüber einer freihändigen Lizenz vergütete ""Mehrwert"" steht typischerweise der Annahme entgegen, ein solcher Lizenzvertrag habe eine Indizwirkung für den objektiven Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung.
BGH, Urteil vom 18. Juni 2020 - I ZR 93/19 - OLG München LG München I
GRUR 09/2020 - BGH 9.6.20 – X ZR 142/18 Unwirksamkeit einer Nutzungsvereinbarung bei fehlender Zustimmung eines Teilhabers – Penetrometer
Penetrometer
BGB § 745 Abs. 3 Satz 2
Soll in einer Erfindergemeinschaft nach Bruchteilen mit Stimmenmehrheit beschlossen werden, dass einem Dritten die Nutzung der Erfindung gegen Entgelt gestattet wird, muss die mit dem Dritten getroffene Vereinbarung so ausgestaltet sein, dass Teilhabern, die der Gestattung nicht zugestimmt haben, der Zugriff auf den ihnen gebührenden Anteil an den Nutzungen möglich bleibt.
BGH, Urteil vom 9. Juni 2020 - X ZR 142/18 - OLG Düsseldorf LG Düsseldorf
GRUR 09/2020 - BGH 14.5.20 – X ZR 119/18 Keine Patentfähigkeit für Verfahren zum Überwachen menschlicher Aktivitäten – Aktivitätsüberwachung
Aktivitätsüberwachung
ZPO § 130a Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1; PatG § 125a Abs. 3 Nr. 1
a) Ein elektronisches Dokument ist wirksam beim Bundesgerichtshof eingegangen, wenn es auf dem für diesen eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) gespeichert worden ist.
b) Ein elektronisches Dokument ist für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet, wenn es den Vorgaben genügt, die der Verordnungsgeber auf der Grundlage von § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO und § 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG aufgestellt hat.
BGH, Urteil vom 14. Mai 2020 - X ZR 119/18 - Bundespatentgericht
GRUR 09/2020 - BGH 5.5.20 – KZR 36/17 Auslegung und Anwendung der Voraussetzungen für den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand – FRAND-Einwand (m. Anm. Peter Georg Picht, S. 972)
FRAND-Einwand
AEUV Art. 102 Abs. 2 Buchst. b, c; GWB §§ 18, 19 Abs. 2 Nr. 1 bis 4
a) Die klageweise Geltendmachung der Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung durch den Patentinhaber kann sich auch dann als missbräuchlich darstellen, wenn der Verletzer sich zwar (noch) nicht rechtsverbindlich zum Abschluss eines Lizenzvertrages zu bestimmten angemessenen Bedingungen bereit erklärt hat, dem Patentinhaber aber anzulasten ist, dass er sich seinerseits nicht hinreichend bemüht hat, der mit der marktbeherrschenden Stellung verbundenen besonderen Verantwortung gerecht zu werden und einem grundsätzlich lizenzwilligen Verletzer den Abschluss eines Lizenzvertrages zu ermöglichen.
b) Besondere Verhaltenspflichten des marktbeherrschenden Patentinhabers können sich insbesondere daraus ergeben, dass der von der Verletzung unterrichtete Verletzer klar und eindeutig seinen Willen und seine Bereitschaft bekundet hat, mit dem Patentinhaber einen Lizenzvertrag zu angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen abzuschließen, aber nicht oder jedenfalls nicht ohne weiteres in der Lage ist, von sich aus die Bedingungen zu formulieren, die ihm der Patentinhaber unter Beachtung des ihn treffenden Diskriminierungs- und Behinderungsverbots einräumen muss. Den Patentinhaber kann die Verpflichtung treffen, seine Lizenzforderung im Einzelnen zu begründen, um dem Lizenzwilligen eine Überprüfung zu ermöglichen, ob die Lizenzforderung einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung darstellt.
c) Das Angebot eines Portfoliolizenzvertrages oder eines sonstigen, weitere Schutzrechte umfassenden Lizenzvertrages durch einen marktbeherrschenden Inhaber eines standardessentiellen Patents ist jedenfalls insoweit grundsätzlich kartellrechtlich unbedenklich, als er den Lizenznehmer nicht zu Zahlungen für die Benutzung nicht-standardessentieller Patente verpflichtet und die Vergütung so berechnet wird, dass Anwender, die ein Produkt für ein spezifisches, geografisch begrenztes Gebiet entwickeln möchten, nicht benachteiligt werden.
d) Der Verletzer kann dem Schadensersatzanspruch des Patentinhabers einen eigenen Schadensersatzanspruch entgegenhalten, der auf die Nichterfüllung seines Anspruchs auf Abschluss eines Lizenzvertrages zu angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen gestützt ist. Ein solcher Gegenanspruch kann erst entstehen, wenn der Verletzer vom Patentinhaber (zunächst durch Bekundung seiner Lizenzbereitschaft) den Abschluss eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen verlangt und der Patentinhaber hierauf nicht in Einklang mit den ihn wegen seiner marktbeherrschenden Stellung treffenden Verpflichtungen reagiert, indem er sich entweder rechtswidrig weigert, einen solchen Lizenzvertrag abzuschließen oder trotz der Lizenzbereitschaft des Patentverletzers kein Angebot zu FRAND-Bedingungen abgibt.
BGH, Urteil vom 5. Mai 2020 - KZR 36/17 - OLG Düsseldorf LG Düsseldorf
GRUR Prax 18/2020(16 September 2020) - BGH 28.5.2020 - I ZR 170/19 Effizienzlabel auch bei Werbung mit Gebrauchtwagen für neuen Pkw erforderlich (Roman Brtka)
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Mai 2020 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke, den Richter Feddersen und die Richterin Dr. Schmaltz
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Juli 2019 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 30.000 € festgesetzt.
GRUR Prax 18/2020(16 September 2020) - BPatG 14.5.2020 - 25 W (pat) 71/17 Bewusstes Hinwegsetzen über partnerschaftliche Beziehungen und Bindungen legt bösgläubige Markenanmeldung nahe – VTIGER (Benedikt Lüthge)
…
betreffend die Marke 30 2012 010 934
(hier: Löschungverfahren S 51/16 Lösch)
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. Januar 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
I. Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
II. Die Markeninhaberin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
GRUR Prax 18/2020(16 September 2020) - BPatG 26.5.2020 - 26 W (pat) 14/19 Verwechslungsgefahr zwischen H.SEVEN und 7seven (Carola Onken)
In der Beschwerdesache
…
betrefend die Marke 30 2015 108 145
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 26. Mai 2020 unter Mitwirkung der Richter Kätker als Vorsitzender sowie der Richter Dr. von Hartz und Schödel
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 18 vom 30. Mai 2017 und 18. Januar 2019 aufgehoben, soweit der Widerspruch zurückgewiesen worden ist hinsichtlich der Waren der
Klasse 18: Brieftaschen; Reisekoffer; Taschen; Überzüge aus Pelz; Überzüge aus Tierhäuten; Regenschirme; Spazierstöcke; Beschläge für Geschirre;
Klasse 22: Bänder zum Binden oder Umwickeln, nicht aus Metall; Zelte; Verpackungsbeutel, -hüllen, -taschen aus textilem Material; Netze;
Klasse 25: Konfektionskleidung; Babywäsche; Schuhwaren; Hüte; Wirkwaren; Handschuhe [Bekleidung]; Halstücher; Hüftgürtel; Hochzeitskleider; Badeanzüge.
Insoweit wird die Marke aufgrund des Widerspruchs aus der international registrierten Marke IR 1 231 145 gelöscht.
GRUR Prax 18/2020(16 September 2020) - BPatG Inhaltsbezogener Disclaimer im medialen Bereich 25.6.2020 - 30 W (pat) 519/18 (Friedrich Albrecht)
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 104 706.2 hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 25. Juni 2020 unter Mitwirkung des Richters Merzbach als Vorsitzendem sowie der Richterin Akintche und des Richters Dr. Meiser
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Dezember 2017 aufgehoben.
Blatt für PMZ 09/2020 - PatG § 83 Abs. 1, § 116 Abs. 2 Nr. 1 (Niederflurschienenfahrzeug)
PatG § 83 Abs. 1, § 116 Abs. 2 Nr. 1
Bewertet das Patentgericht in seinem nach § 83 Abs. 1 PatG erteilten Hinweis ein Merkmal des Patentanspruchs als nicht ursprünglich offenbart und deshalb für die Beurteilung der Patentfähigkeit unerheblich, hat die Beklagte keine Veranlassung, das Merkmal um weitere Zusätze zu ergänzen, die zur Bejahung der Patentfähigkeit führen könnten.
BGH, Urteil vom 23. April 2020 - X ZR 38/18 - Bundespatentgericht
Wednesday, September 2, 2020
Tuesday, August 25, 2020
GRUR Prax 16-17/2020(19. August 2020) - BGH 20.2.2020 - I ZR 214/18 EuGH soll Europarechtskonformität des Zuwendungsverbots nach § 7 I HWG klären (Christian Tillmanns)
Gewinnspielwerbung
Richtlinie 2001/83/EG, Titel VIII, Art. 87 Abs. 3
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. EG L 311 vom 28. November 2001, S. 67 ff.), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2019/1243 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Anpassung von Rechtsakten, in denen auf das Regelungsverfahren mit Kontrolle Bezug genommen wird, an Artikel 290 und 291 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. EU L 198 vom 25. Juli 2019, S. 241), folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Steht es mit den Bestimmungen des Titels VIII und insbesondere mit Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG in Einklang, wenn eine nationale Vorschrift (hier: § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG) dahin ausgelegt wird, dass es einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Versandapotheke verboten ist, mit der Auslobung eines Gewinnspiels um Kunden zu werben, wenn die Teilnahme an dem Gewinnspiel an die Einreichung eines Rezepts für ein verschreibungspflichtiges Humanarzneimittel gekoppelt ist, der ausgelobte Gewinn kein Arzneimittel, sondern ein anderer Gegenstand ist (hier: ein Elektrofahrrad im Wert von 2.500 € und elektrische Zahnbürsten), und nicht zu befürchten ist, dass einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub geleistet wird?
BGH, Beschluss vom 20. Februar 2020 - I ZR 214/18 - OLG Frankfurt am Main LG Frankfurt am Main
GRUR Prax 16-17/2020(19. August 2020) - EuGH 9.7.2020 - C-673/18 Kein ESZ für neue therapeutische Verwendung eines Wirkstoffs (Thomas Hirse)
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
Art. 3 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel ist dahin auszulegen, dass eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nicht als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden kann, wenn sie eine neue therapeutische Verwendung eines Wirkstoffs oder einer Wirkstoffzusammensetzung betrifft, der bzw. die bereits Gegenstand einer Genehmigung für das Inverkehrbringen einer anderen therapeutischen Verwendung war.
GRUR Prax 16-17/2020(19. August 2020) - BGH 14.4.2020 - X ZB 2/18 Mitwirken eines beim EPA zugelassenen Vertreters (Friedrich Albrecht)
EPA-Vertreter
PatG § 143 Abs. 3
Die Kosten der Mitwirkung eines beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreters in einer Patentstreitsache sind entsprechend § 143 Abs. 3 PatG erstattungsfähig.
BGH, Beschluss vom 14. April 2020 - X ZB 2/18 - OLG Karlsruhe LG Mannheim
GRUR Prax 16-17/2020(19. August 2020) - BPatG 28.4.2020 - 3 ZA (pat) 13/18 Notwendigkeit von Gutachten im Zwangslizenzverfahren (Stephan Höfs)
In dem Verfahren wegen Erlass einer einstweiligen Verfügung
…
betreffend das europäische Patent …
(DE …)
(hier: Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 28. April 2020 durch den Vorsitzenden Richter Schramm sowie die Richter Schwarz und Dipl.- Chem. Univ. Dr. Freudenreich
beschlossen:
1. Auf die Erinnerung der Antragsgegnerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26. Januar 2018 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 6. September 2018 teilweise wie folgt abgeändert: Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des 3. Senats des Bundespatentgerichts vom 31. August 2016 sowie des Urteils des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 11. Juli 2017 werden die von der Antragsgegnerin an die Antragstellerinnen zu erstattenden Kosten wie folgt festgesetzt:
a) Die Antragsgegnerin hat an die Antragstellerin zu 1) einen Betrag in Höhe von 87.239,25 € - in Worten: siebenundachtzigtausendzweihundertneununddreißig 25/100 Euro –. zu erstatten. Der zu erstattenden Betrag ist aus einem Teilbetrag von 41.862,00 € (Kosten der I. Instanz) vom 15. November 2016 an, aus einem Teilbetrag von 44.048,76 € (Kosten der II. Instanz) vom 30. August 2017 an sowie aus einem Teilbetrag von 1.328,49 € (1/3 der weiteren Gutachterkosten laut Rechnungen vom 17. August 2017) vom 8. Oktober 2018 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen.
b) Die Antragsgegnerin hat an die Antragstellerin zu 2) einen Betrag in Höhe von
109.966,86 € - in Worten: einhundertneuntausendneunhundertsechsundsechzig 86/100 Euro –.
zu erstatten.
Der zu erstattenden Betrag ist aus einem Teilbetrag von 57.242,19 € (Kosten der I. Instanz) vom 15. November 2016 an, aus einem Teilbetrag von 48.014,25 € (Kosten der II. Instanz) vom 30. August 2017 an, aus einem Teilbetrag von 860,72 € (1/2 der weiteren Übersetzungskosten für das BGH-Urteil) vom 8. März 2018 an, einem Teilbetrag von 2.521,21 € (1/2 der weiteren Übersetzungskosten) vom 10. April 2018 sowie aus einem Teilbetrag von 1.328,49 € (1/3 der weiteren Gutachterkosten laut - 4 - Rechnungen vom 17. August 2017) vom 8. Oktober 2018 an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen.
c) Die Antragsgegnerin hat an die Antragstellerin zu 3) einen Betrag in Höhe von 109.840,86 € – in Worten: einhundertneuntausendachthundertvierzig 86/100 Euro –. zu erstatten. Der zu erstattenden Betrag ist aus einem Teilbetrag von 57.180,19 € (Kosten der I. Instanz) vom 15. November 2016 an, aus einem Teilbetrag von 47.950,25 € (Kosten der II. Instanz) vom 30. August 2017 an, aus einem Teilbetrag von 860,72 € (1/2 der weiteren Übersetzungskosten für das BGH-Urteil) vom 8. März 2018 , einem Teilbetrag von 2.521,21 € (1/2 der weiteren Übersetzungskosten) vom 10. April 2018 sowie aus einem Teilbetrag von 1.328,49 € (1/3 der weiteren Gutachterkosten laut Rechnungen vom 17. August 2017) vom 8. Oktober 2018 an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen.
2. Die weitergehende Erinnerung der Antragsgegnerin sowie die Erinnerungen der Antragstellerinnen, soweit ihnen durch den Teilabhilfebeschluss nicht abgeholfen wurde, werden jeweils zurückgewiesen.
3. Die Erinnerung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten der Parteien werden wie folgt verteilt: Die Antragstellerin zu 1) trägt 1/4 und die Antragstellerinnen zu 2) und 3) jeweils 1/25 der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin.
Die Anstragsgegnerinträgt 1/20 der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 1) und jeweils 3/10 der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerinnen zu 2) und 3). Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
4. Der Gegenstandswert für das Erinnerungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:
Für die Zeit bis 11. März 2018 im Verhältnis der Antragsgegnerin zur Antragstellerin zu 1) auf 57.310,53 € und im Verhältnis zu den Antragstellerinnen zu 2) und 3) auf jeweils 23.922,60 €, für die Zeit vom 12. März 2018 bis 9. April 2018 im Verhältnis der Antragsgegnerin zur Antragstellerin zu 1) auf 60.735,18 €, im Verhältnis zu der Antragstellerin zu 2) auf 27.374,92 € und im Verhältnis zu der Antragstellerin zu 3) auf 27.347,25 €, für die Zeit vom 10. April 2018 bis 6. September 2018 im Verhältnis der Antragsgegnerin zur Antragstellerin zu 1) auf 63.760,82 €, im Verhältnis zu der Antragsstellerin zu 2) auf 30.400,56 € und im Verhältnis zu der Antragsstellerin zu 3) auf 30.372,89 €, für die Zeit vom 10. April 2018 bis 10. Oktober 2018 im Verhältnis der Antragsgegnerin zu jeder der Antragstellerinnen jeweils auf 76.689,07 € und für die Zeit ab 11. Oktober 2018 im Verhältnis der Antragsgegnerin zu jeder der Antragstellerinnen jeweils auf 80.674,53 €.
GRUR Prax 16-17/2020(19. August 2020) - BPatG 15.6.2020 - 11 W (pat) 35/19 Funktion eines Syndikuspatentanwalts im Konzern (Friedrich Albrecht)
Antriebsinverter
Ein Syndikuspatentanwalt kann von einem auswärtigen Dritten zum Inlandsvertreter bestellt werden, wenn der Dritte und der Dienstherr des Syndikuspatentanwalts im Verhältnis zueinander Konzernunternehmen im Sinne von § 18 AktG sind.
GRUR Prax 16-17/2020(19. August 2020) - EuGH 16.7.2020 - C-73/19 Lauterkeitsrechtliche Unterlassungsklage durch ausländische Behörde (Peter Mankowski)
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass unter den Begriff „Zivil- und Handelssachen“ in dieser Bestimmung eine Klage von Behörden eines Mitgliedstaats gegen in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Gewerbetreibende fällt, in deren Rahmen diese Behörden im Wege eines Hauptantrags beantragen, das Vorliegen von Verstößen, die vermeintlich widerrechtliche unlautere Geschäftspraktiken darstellen, festzustellen und deren Unterlassung anzuordnen, sowie im Wege akzessorischer Anträge beantragen, dass Maßnahmen zur Veröffentlichung angeordnet werden und ein Zwangsgeld verhängt wird.
GRUR Prax 16-17/2020(19. August 2020) - BGH 21.1.2020 - X ZR 65/18 Naheliegen bei Anlass zu späterer Durchführung mehrerer klinischer Studien (Bernhard Arnold)
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EPÜ Art. 56
Hatte der Fachmann am Prioritätstag Anlass, zu irgendeinem, gegebenenfalls auch späteren Zeitpunkt vollständige Studien zur Dosis-Wirkungs-Beziehung eines bestimmten Wirkstoffs anzustellen, ist eine Dosierung, die sich aufgrund einer solchen Studie als vorteilhaft erweist, durch den Stand der Technik nahegelegt.
BGH, Urteil vom 21. Januar 2020 - X ZR 65/18 - Bundespatentgericht
GRUR Prax 16-17/2020(19. August 2020) - BPatG 27.12.2019 - 27 W (pat) 513/18 Unterscheidungskraft einfacher grafischer Formen als Positionsmarke (Oliver Brexl)
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 106 870.1
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. Dezember 2019 durch die Richterin Werner als Vorsitzende sowie die Richter Schwarz und Paetzold
b e s c h l o s s e n :
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 25, vom 15. November 2017 wird aufgehoben.
GRUR Prax 16-17/2020(19. August 2020) - BPatG 14.5.2020 - 30 W (pat) 8/18 Werbeübliche Abwandlung von werbeüblichem Slogan nicht eintragungsfähig (Florian Stoll)
In der Beschwerdesache
...
betreffend die Marke 30 2013 000 223
(hier: Löschungsverfahren S 242/16)
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 14. Mai 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie des Richters Dr. Meiser und der Richterin Akintche
beschlossen:
1. Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag der Markeninhaberin, der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
Thursday, August 20, 2020
Tuesday, August 18, 2020
CR online 08/2020 - EuGH v. 9.7.2020 - C-272/19, EuGH: DSGVO-Auskunftsrechte gegenüber Petitionsausschuss
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 4 Nr. 7 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass der Petitionsausschuss eines Gliedstaats eines Mitgliedstaats insoweit, als dieser Ausschuss allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung entscheidet, als „Verantwortlicher“ im Sinne dieser Bestimmung einzustufen ist, so dass die von einem solchen Ausschuss vorgenommene Verarbeitung personenbezogener Daten in den Anwendungsbereich dieser Verordnung, u. a. unter deren Art. 15, fällt.
CR online 08/2020 - EuGH v. 16.7.2020 - C-311/18, EuGH: Datenübermittlung an Drittländer per Standarddatenschutzklauseln zulässig, aber EU-US-Privacy-Shield ungültig – Schrems II
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) ist dahin auszulegen, dass eine zu gewerblichen Zwecken erfolgende Übermittlung personenbezogener Daten durch einen in einem Mitgliedstaat ansässigen Wirtschaftsteilnehmer an einen anderen, in einem Drittland ansässigen Wirtschaftsteilnehmer in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt, ungeachtet dessen, ob die Daten bei ihrer Übermittlung oder im Anschluss daran von den Behörden des betreffenden Drittlands für Zwecke der öffentlichen Sicherheit, der Landesverteidigung und der Sicherheit des Staates verarbeitet werden können.
2. Art. 46 Abs. 1 und Art. 46 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung 2016/679 sind dahin auszulegen, dass die nach diesen Vorschriften erforderlichen geeigneten Garantien, durchsetzbaren Rechte und wirksamen Rechtsbehelfe gewährleisten müssen, dass die Rechte der Personen, deren personenbezogene Daten auf der Grundlage von Standarddatenschutzklauseln in ein Drittland übermittelt werden, ein Schutzniveau genießen, das dem in der Europäischen Union durch diese Verordnung im Licht der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierten Niveau der Sache nach gleichwertig ist. Bei der insoweit im Zusammenhang mit einer solchen Übermittlung vorzunehmenden Beurteilung sind insbesondere die vertraglichen Regelungen zu berücksichtigen, die zwischen dem in der Europäischen Union ansässigen Verantwortlichen bzw. seinem dort ansässigen Auftragsverarbeiter und dem im betreffenden Drittland ansässigen Empfänger der Übermittlung vereinbart wurden, sowie, was einen etwaigen Zugriff der Behörden dieses Drittlands auf die übermittelten personenbezogenen Daten betrifft, die maßgeblichen Elemente der Rechtsordnung dieses Landes, insbesondere die in Art. 45 Abs. 2 der Verordnung 2016/679 genannten Elemente.
3. Art. 58 Abs. 2 Buchst. f und j der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass die zuständige Aufsichtsbehörde, sofern kein gültiger Angemessenheitsbeschluss der Kommission vorliegt, verpflichtet ist, eine auf Standarddatenschutzklauseln, die von der Kommission erarbeitet wurden, gestützte Übermittlung personenbezogener Daten in ein Drittland auszusetzen oder zu verbieten, wenn diese Behörde im Licht aller Umstände dieser Übermittlung der Auffassung ist, dass die Klauseln in diesem Drittland nicht eingehalten werden oder nicht eingehalten werden können und dass der nach dem Unionsrecht, insbesondere nach den Art. 45 und 46 dieser Verordnung sowie nach der Charta der Grundrechte, erforderliche Schutz der übermittelten Daten nicht mit anderen Mitteln gewährleistet werden kann, es sei denn, der in der Union ansässige Verantwortliche bzw. sein dort ansässiger Auftragsverarbeiter hat die Übermittlung selbst ausgesetzt oder beendet.
4. Die Prüfung des Beschlusses 2010/87/EU der Kommission vom 5. Februar 2010 über Standardvertragsklauseln für die Übermittlung personenbezogener Daten an Auftragsverarbeiter in Drittländern nach der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in der durch den Durchführungsbeschluss (EU) 2016/2297 der Kommission vom 16. Dezember 2016 geänderten Fassung anhand der Art. 7, 8 und 47 der Charta der Grundrechte hat nichts ergeben, was seine Gültigkeit berühren könnte.
5. Der Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1250 der Kommission vom 12. Juli 2016 gemäß der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Angemessenheit des vom EU-US-Datenschutzschild gebotenen Schutzes ist ungültig.
CR online 08/2020 - EuGH v. 9.7.2020 - C-343/19, EuGH: Deliktischer Schadenserfolg beim Verkauf software-manipulierter Fahrzeuge – VW-Abgasskandal,
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
Art. 7 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass sich der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs in einem Fall, in dem Fahrzeuge von ihrem Hersteller in einem Mitgliedstaat rechtswidrig mit einer Software ausgerüstet worden sind, die die Daten über den Abgasausstoß manipuliert, und danach bei einem Dritten in einem anderen Mitgliedstaat erworben werden, in diesem letztgenannten Mitgliedstaat befindet.
Friday, August 14, 2020
GRUR 08/2020 - BGH 28.5.20 – I ZR 186/17 EuGH-Vorlage zur Befugnis von Verbraucherschutzverbänden zur Verfolgung von Datenschutzrechtsverstößen – App-Zentrum
App-Zentrum
Verordnung (EU) 2016/679 Art. 80 Abs. 1 und 2, Art. 84 Abs. 1; UWG § 8 Abs. 3 Nr. 3; UKlaG §§ 1, 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 11, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung von Kapitel VIII, insbesondere von Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 84 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, ABl. L 119/1 vom 4. Mai 2016, S. 1) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Stehen die Regelungen in Kapitel VIII, insbesondere in Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 84 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 nationalen Regelungen entgegen, die - neben den Eingriffsbefugnissen der zur Überwachung und Durchsetzung der Verordnung zuständigen Aufsichtsbehörden und den Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Personen - einerseits Mitbewerbern und andererseits nach dem nationalen Recht berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern die Befugnis einräumen, wegen Verstößen gegen die Verordnung (EU) 2016/679 unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person gegen den Verletzer im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten unter den Gesichtspunkten des Verbots der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken oder des Verstoßes gegen ein Verbraucherschutzgesetz oder des Verbots der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen vorzugehen?
BGH, Beschluss vom 28. Mai 2020 - I ZR 186/17 - Kammergericht LG Berlin
GRUR 08/2020 - BGH 28.5.20 – I ZR 7/16 Unzulässige elektronisch voreingestellte Einwilligung zur Cookie-Setzung – Cookie-Einwilligung II
Cookie-Einwilligung II
Richtlinie 2002/58/EG Art. 5 Abs. 3 und Art. 2 Buchst. f; Richtlinie 2009/136/EG Art. 2 Nr. 5; Richtlinie 95/46/EG Art. 2 Buchst. h; Verordnung (EU) 2016/679 Art. 4 Nr. 11; UKlaG § 1; BGB § 307 Bm, Cl; TMG § 15 Abs. 3
a) Eine wirksame Einwilligung in telefonische Werbung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG liegt nicht vor, wenn der Verbraucher bei der Erklärung der Einwilligung mit einem aufwendigen Verfahren der Abwahl von in einer Liste aufgeführten Partnerunternehmen konfrontiert wird, das ihn dazu veranlassen kann, von der Ausübung dieser Wahl Abstand zu nehmen und stattdessen dem Unternehmer die Wahl der Werbepartner zu überlassen. Weiß der Verbraucher mangels Kenntnisnahme vom Inhalt der Liste und ohne Ausübung des Wahlrechts nicht, die Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmer die Einwilligung erfasst, liegt keine Einwilligung für den konkreten Fall vor.
b) § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG ist mit Blick auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2002/58/EG dahin richtlinienkonform auszulegen, dass der Diensteanbieter Cookies zur Erstellung von Nutzungsprofilen für Zwecke der Werbung oder Marktforschung nur mit Einwilligung des Nutzers einsetzen darf. Eine elektronisch zu erklärende Einwilligung des Nutzers, die den Abruf von auf seinem Endgerät gespeicherten Informationen mithilfe von Cookies im Wege eines voreingestellten Ankreuzkästchens gestattet, genügt diesem Einwilligungserfordernis nicht.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - I ZR 7/16 - OLG Frankfurt am Main LG Frankfurt am Main
GRUR 08/2020 - BGH 23.4.20 – I ZR 85/19 Irreführung durch Behauptung einer nicht bestehenden Rechtslage – Preisänderungsregelung
Preisänderungsregelung
UWG § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 und 2; AVBFernwärmeV § 4 Abs. 2
a) Das Rechtsschutzbedürfnis für eine wettbewerbsrechtliche Klage auf Unterlassung einer außerhalb eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens gemachten Äußerung fehlt nur dann, wenn die Klage auf eine Beschränkung der Rechtsverfolgung oder - verteidigung des Gegners gerichtet ist, die im Falle des Obsiegens in dem nachfolgenden gerichtlichen oder behördlichen Verfahren fortwirkte. Soweit mit einer solchen Klage nicht die Rechtsverfolgung oder -verteidigung an sich, sondern lediglich Ausführungen zu ihrer Begründung angegriffen werden, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für sie nicht.
b) Ist für die betroffenen Verkehrskreise erkennbar, dass es sich um eine im Rahmen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung geäußerte Rechtsansicht handelt, fehlt dieser Äußerung die zur Erfüllung des Tatbestands der Irreführung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG erforderliche Eignung zur Täuschung (Bestätigung von BGH, Urteil vom 25. April 2019 - I ZR 93/17 GRUR 2019, 754 Rn. 31 = WRP 2019, 883 - Prämiensparverträge). Hierfür bedarf es nicht zwingend eines ausdrücklichen Hinweises, dass es sich lediglich um die eigene Rechtsauffassung handelt.
c) Dagegen erfasst § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG Äußerungen, in denen der Unternehmer gegenüber Verbrauchern eine eindeutige Rechtslage behauptet, die tatsächlich nicht besteht, sofern der angesprochene Kunde die Aussage nicht als Äußerung einer Rechtsansicht, sondern als Feststellung versteht (Bestätigung von BGH, GRUR 2019, 754 Rn. 32 - Prämiensparverträge).
BGH, Urteil vom 23. April 2020 - I ZR 85/19 - OLG Frankfurt am Main LG Darmstadt
GRUR 08/2020 - BGH 28.5.20 – I ZR 253/16 Balsamico II Anspielung auf eine geschützte geografische Bezeichnung – Deutscher
Deutscher Balsamico II
Verordnung (EG) Nr. 583/2009 Art. 1; Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b und c; MarkenG § 135 Abs. 1
Der Umstand, dass sich der Schutz einer geschützten geografischen Angabe (hier: ""Aceto Balsamico di Modena"") nicht auf die Verwendung ihrer einzelnen nicht geografischen Bestandteile (hier: ""Aceto"", ""Balsamico"", ""Aceto Balsamico"") in einer Produktbezeichnung erstreckt, entbindet nicht von der Prüfung, ob eine angegriffene Produktaufmachung unter Berücksichtigung ihrer weiteren sprachlichen und bildlichen Gestaltungsmerkmale eine Anspielung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1151/2012 darstellt.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - I ZR 253/16 - OLG Karlsruhe LG Mannheim
GRUR 08/2020 - BGH 6.2.20 – I ZB 21/19 Verwechslungsgefahr bei kennzeichnungsschwachen Marken – INJEKT/INJEX
INJEKT/INJEX
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2
a) Im Löschungsklageverfahren wirkt die Benutzung für eine Spezialware auch für einen umfassenderen, nicht zu breiten Warenoberbegriff rechtserhaltend. Die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise und das berechtigte Interesse des Zeicheninhabers, in seiner geschäftlichen Bewegungsfreiheit nicht ungebührlich eingeengt zu werden, rechtfertigen es, auch die Waren im Warenverzeichnis zu belassen, die nach der Verkehrsauffassung gemeinhin zum gleichen Warenbereich gehören.
b) Die für das Löschungsverfahren im Interesse der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Markeninhabers entwickelte Rechtsprechung zur Einschränkung von Oberbegriffen gilt nicht für das Markenverletzungsverfahren. Ist die Marke für einen (weiten) Warenoberbegriff eingetragen, ist sie in diesem Verfahren so zu behandeln, als sei sie nur für die konkret benutzten Waren registriert. Damit ist jedoch nicht gemeint, dass der Schutz der Marke lediglich für das konkret vertriebene Einzelprodukt mit sämtlichen individuellen Eigenschaften (hier: zweiteilige Einmalspritzen) besteht. Der Schutz erstreckt sich vielmehr auf gleichartige Waren (hier: medizinische Spritzen) (Fortführung von BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 - I ZR 110/03, GRUR 2006, 937 = WRP 2006, 1133 - Ichthyol II).
c) Wird aus einem wegen beschreibender Anklänge kennzeichnungsschwachen oder originär schutzunfähigen Zeichen, das als Marke eingetragen worden ist, wegen Verwechslungsgefahr Widerspruch erhoben, dürfen bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit beschreibende Zeichenbestandteile nicht von vornherein aus der Betrachtung ausgeschlossen werden.
d) Einer mit dem Zweck der absoluten Schutzhindernisse unvereinbaren Begünstigung schwacher Marken kann durch ein auf diese Schutzhindernisse gestütztes Nichtigkeitsverfahren begegnet werden. Ist ein Zeichen wirksam als Marke eingetragen, verhindert im Verletzungsverfahren die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG aF (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nF) einen unangemessenen Schutz von Zeichen, die wegen ihrer beschreibenden Anklänge originär schutzunfähig sind.
BGH, Beschluss vom 6. Februar 2020 - I ZB 21/19 - Bundespatentgericht
GRUR 08/2020 - EuGH 2.7.20 – C-684/19 Keine Verpflichtung eines Unterlassungsschuldners zur Löschung von Folgeeintragungen – mk advokaten/MBK Rechtsanwälte
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass eine im geschäftlichen Verkehr auftretende Person, die auf einer Website eine Anzeige hat platzieren lassen, durch die eine Marke eines Dritten verletzt wird, das mit dieser Marke identische Zeichen nicht benutzt, wenn Betreiber anderer Websites diese Anzeige übernehmen, indem sie sie auf eigene Initiative und im eigenen Namen auf diesen anderen Websites veröffentlichen.
GRUR 08/2020 - BGH 30.4.20 – I ZR 228/15 Zulässigkeit der Veröffentlichung von Buchbeiträgen eines Bundestagsabgeordneten durch Internet-Nachrichtenportal – Reformistischer Aufbruch II
Reformistischer Aufbruch II
GG Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2, Art. 14 Abs. 1; UrhG §§ 50, 51 Satz 1, § 63 Abs. 1 und 2 Satz 1; Richtlinie 2001/29/EG Art. 5 Abs. 3 Buchst. c Fall 2 und Buchst. d, Abs. 5
a) Das Eingreifen der Schutzschranke der Berichterstattung über Tagesereignisse gemäß § 50 UrhG setzt nicht voraus, dass es dem Berichterstatter unmöglich oder unzumutbar war, vor der Berichterstattung die Zustimmung des Rechtsinhabers einzuholen (Aufgabe von BGH, Urteil vom 17. Dezember 2015 - I ZR 69/14, GRUR 2016, 368 Rn. 16 - Exklusivinterview).
b) Eine Berichterstattung über Tagesereignisse ist nur dann gemäß § 50 UrhG privilegiert, wenn sie verhältnismäßig ist, das heißt mit Blick auf den Zweck der Schutzschranke, der Achtung der Grundfreiheiten des Rechts auf Meinungsfreiheit und auf Pressefreiheit, den Anforderungen der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) entspricht.
c) Bei der unionsrechtskonformen Auslegung des § 50 UrhG ist zu berücksichtigen, dass die Reichweite der in Art. 5 Abs. 3 Buchst. c Fall 2 der Richtlinie 2001/29/EG geregelten Ausnahme oder Beschränkung nicht vollständig harmonisiert ist. Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sind deshalb die in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 und 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Grundrechte des Grundgesetzes gegeneinander abzuwägen.
d) Die Privilegierung einer Berichterstattung über Tagesereignisse setzt voraus, dass sie den Anforderungen des Drei-Stufen-Tests des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2002/29/EG genügt.
e) Liegen die Voraussetzungen der Schutzschranke der Berichterstattung über Tagesereignisse gemäß § 50 UrhG vor, ist auch ein Eingriff in das Erstveröffentlichungsrecht (§ 12 UrhG) gerechtfertigt.
BGH, Urteil vom 30. April 2020 - I ZR 228/15 - Kammergericht LG Berlin
GRUR 08/2020 - BGH 30.4.20 – I ZR 115/16 Voraussetzungen für rechtswidriges Tonträger-Sampling – Metall auf Metall IV (m. Anm. Ansgar Ohly, S. 851)
Metall auf Metall IV
Richtlinie 2001/29/EG Art. 2 Buchst. c, Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3 Buchst. d, i und k, Art. 8 Abs. 1; Richtlinie 2006/115/EG Art. 9 Abs. 1 Buchst. b; UrhG § 16, § 17, § 24, § 51, § 57, § 63, § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 und 2, § 96 Abs. 1
a) Die Übernahme eines im Wege des elektronischen Kopierens (Sampling) entnommenen Audiofragments in ein neues Werk stellt eine Vervielfältigung im Sinne des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/EG und des nach dieser Vorschrift richtlinienkonform auszulegenden § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UrhG dar, wenn das Audiofragment nach dem Hörverständnis eines durchschnittlichen Musikhörers in wiedererkennbarer Form übernommen wird.
b) Das Vervielfältigungsrecht des Tonträgerherstellers gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UrhG kann durch das Recht zur freien Benutzung nach dem mit Blick auf die Richtlinie 2001/29/EG richtlinienkonform auszulegenden § 24 Abs. 1 UrhG nur eingeschränkt werden, sofern die Voraussetzungen einer der in Art. 5 dieser Richtlinie in Bezug auf das Recht des Tonträgerherstellers aus Art. 2 Buchst. c dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen erfüllt sind.
c) Der deutsche Gesetzgeber hat von der in Art. 5 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2001/29/EG vorgesehenen Möglichkeit, eine eigenständige Schrankenregelung für die Nutzung von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen zum Zwecke von Pastiches vorzusehen, keinen Gebrauch gemacht.
d) Der in den Richtlinien 2001/29/EG und 2006/115/EG vorgesehene Inhalt der Verwertungsrechte determiniert auch die im Falle ihrer Verletzung zu untersagenden Handlungsmodalitäten. Ist allein das in Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG und § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UrhG vorgesehene Vervielfältigungsrecht verletzt, das dem Inhaber die Handlungsmodalitäten der unmittelbaren oder mittelbaren, vorübergehenden oder dauerhaften, auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise erfolgenden Vervielfältigung vorbehält, so darf dieser Schutz nicht über eine Anwendung des § 96 Abs. 1 UrhG in den Bereich von Handlungsmodalitäten ausgedehnt werden, die anderen Verwertungsrechten (im Streitfall: dem Verbreitungsrecht gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/115/EG) vorbehalten sind.
e) Hebt das Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Entscheidung über eine Urteilsverfassungsbeschwerde neben Revisionsurteilen auch ein vorangegangenes Berufungsurteil auf, ohne die aufhebende Wirkung dieses Ausspruchs zu beschränken, erstreckt sich die Aufhebung auch auf die in diesem Berufungsurteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen, auf die deshalb im wiedereröffneten Revisionsverfahren nicht zurückgegriffen werden kann.
BGH, Urteil vom 30. April 2020 - I ZR 115/16 - OLG Hamburg LG Hamburg
GRUR 08/2020 - EuGH 9.7.20 – C-264/19 Erstreckung des urheberrechtlichen Auskunftsanspruchs nur auf Postanschrift – Constantin Film Verleih/YouTube ua [YouTube-Drittauskunft]
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums ist dahin auszulegen, dass der darin genannte Begriff „Adressen“ sich, was einen Nutzer anbelangt, der ein Recht des geistigen Eigentums verletzende Dateien hochgeladen hat, nicht auf die E‑Mail-Adresse und Telefonnummer dieses Nutzers sowie die für das Hochladen dieser Dateien genutzte IP-Adresse oder die bei seinem letzten Zugriff auf das Benutzerkonto verwendete IP-Adresse bezieht.
GRUR 08/2020 - BGH 21.4.20 – X ZR 75/18 Keine Offenkundigkeit durch Lieferung und Inbetriebnahme einer Anlage – Konditionierverfahren
Konditionierverfahren
EPÜ Art. 54 Abs. 2
Lieferung, Installation und Inbetriebnahme einer Anlage bei einer Käuferin begründen nicht ohne weiteres eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass beliebige Dritte die Anlage untersuchen und dadurch Kenntnis von einer Erfindung erhalten.
BGH, Urteil vom 21. April 2020 - X ZR 75/18 - Bundespatentgericht
GRUR Prax 15/2020(29. Juli 2020) - BGH 28.4.2020 - II ZB 13/19 Abkürzung „gUG (haftungsbeschränkt)“ für gemeinnützige UG möglich (Daniel Bohne).
GmbHG § 5a
Eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) kann mit ""gUG (haftungsbeschränkt)"" eingetragen werden.
BGH, Beschluss vom 28. April 2020 - II ZB 13/19 - OLG Karlsruhe AG Mannheim
GRUR Prax 15/2020(29. Juli 2020) - BPatG 12.12.2019 - 30 W (pat) 802/15 Regelgegenstandswert im designrechtlichen Nichtigkeitsverfahren (Jan D. Müller-Broich)
In der Beschwerdesache
…
betreffend das Design …
(hier: Nichtigkeitsverfahren…)
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Designabteilung 3.5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Juni 2015 wird aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass das eingetragene Design … nichtig ist.
III. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 100.000,-- € festgesetzt
GRUR Prax 15/2020(29. Juli 2020) - BPatG 18.3.2020 - 18 W (pat) 5/19 therapeutische/chirurgische Verfahren ausschließende Disclaimer (Friedrich Albrecht)
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 103 32 815.7
…
hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2020 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn sowie die Richter Kruppa, Dipl.-Ing. Veit und Dr.-Ing. Flaschke
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. April 2016 aufgehoben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen erteilt:
- Patentansprüche 1 bis 6, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung Seiten 1 bis 12, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Figuren 1 bis 8, eingegangen am 18. Juli 2003.
GRUR Prax 15/2020(29. Juli 2020) - BPatG 29.10.2019 - 27 W (pat) 5/18 Prüfung bösgläubiger Markenanmeldung aufgrund von Indizien (Volker Schoene).
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2015 042 738 - S 148/16 Lösch
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2019 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kortbein, den Richter Paetzold und die Richterin Werner
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Thursday, August 13, 2020
Friday, August 7, 2020
GRUR 07/2020 - BGH 12.3.20 – I ZB 64/19 Heilung eines Zustellungsmangels durch Übermittlung einer elektronischen Kopie – Übermittlung per E-Mail
ZPO § 180 Satz 1 und 2, § 189
Für den tatsächlichen Zugang als Voraussetzung der Heilung eines Zustellungsmangels gemäß § 189 ZPO ist nicht der Zugang des zuzustellenden Originals erforderlich. Die erfolgreiche Übermittlung einer (elektronischen) Kopie in Form - beispielsweise - eines Telefaxes, einer Fotokopie oder eines Scans ist ausreichend. Die bloße mündliche Überlieferung oder eine handschriftliche oder maschinenschriftliche Abschrift des zuzustellenden Originals führen dagegen wegen der Fehleranfälligkeit einer solchen Übermittlung nicht zur Heilung des Zustellungsmangels.
BGH, Beschluss vom 12. März 2020 - I ZB 64/19 - Kammergericht
GRUR 07/2020 - BGH 3.12.19 – KZR 29/17 Einspeisevergütung für Programmsignale – NetCologne II
NetCologne II
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 2
Die Prüfung, ob ein marktbeherrschendes Unternehmen Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden, erfordert nicht zwingend eine Vergleichsmarktbetrachtung. Der Tatrichter kann vielmehr auch andere Umstände heranziehen, die Schlüsse auf gegebene oder fehlende Abweichungen von hypothetischen Wettbewerbsbedingungen zulassen. Gibt es einen geeigneten Vergleichsmarkt, darf die Prüfung, ob ein missbräuchliches Verhalten vorliegt, nur dann auf solche anderen Umstände beschränkt werden, wenn sie bereits für sich genommen eine erschöpfende Beurteilung ermöglichen.
BGH, Urteil vom 3. Dezember 2019 - KZR 29/17 - OLG Düsseldorf LG Köln
GRUR 07/2020 - EuGH 11.6.20 – C-786/18 Keine Gratismuster verschreibungspflichtiger Medikamente durch Pharmaunternehmen an Apotheker – ratiopharm/Novartis [Apothekenmuster]
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 96 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er es pharmazeutischen Unternehmen nicht erlaubt, Gratismuster verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheker abzugeben. Dagegen steht diese Bestimmung der Abgabe von Gratismustern nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheker nicht entgegen.
GRUR 07/2020 - BGH 12.3.20 – I ZR 126/18 Unzulässiges kostenloses und werbefreies Angebot einer App für allgemeine Wetterinformationen durch DWD – WarnWetter-App
WarnWetter-App
ZPO § 301, § 563 Abs. 1; GVG § 17 Abs. 2 Satz 1; UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3a; DWDG § 4 Abs. 1 und 6, § 6 Abs. 2 und 2a
a) Wird ein einheitlicher Streitgegenstand geltend gemacht, darf das Gericht nicht durch Teilurteil über einzelne von mehreren konkurrierenden Anspruchsgrundlagen entscheiden. Dabei ist unerheblich, ob die Anspruchsgrundlagen verschiedenen Rechtsgebieten entstammen, über die grundsätzlich in unterschiedlichen Rechtswegen zu entscheiden ist. Das zuständige Gericht hat auch über solche Normen zu befinden, die für sich allein die Zuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit begründen würden.
b) Hat das Berufungsgericht bei einem einheitlichen Streitgegenstand eine materiellrechtliche Anspruchsgrundlage ungeprüft gelassen und durch Teilurteil entschieden, kann von einer Zurückverweisung der Sache abgesehen werden, wenn die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen eine abschließende Entscheidung zulassen.
c) Nimmt die öffentliche Hand öffentliche Aufgaben wahr und bewegt sie sich dabei außerhalb des ihr durch eine Ermächtigungsgrundlage zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereichs, ist ihr Handeln als geschäftliche Handlung anzusehen mit der Folge, dass sie sich an den Regeln des Wettbewerbsrechts messen lassen muss und bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.
d) Bei den Bestimmungen der § 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 2a Nr. 2 DWDG handelt es sic
h um Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG.
e) Der Deutsche Wetterdienst darf gegenüber der Allgemeinheit unentgeltlich amtliche Warnungen über Wettererscheinungen herausgeben, die zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen können oder die in Bezug zu drohenden Wetter- und Witterungsereignissen mit hohem Schadenspotenzial stehen. Er ist jedoch nicht berechtigt, unabhängig von Warnlagen die Allgemeinheit unentgeltlich laufend allgemein über das Wetter zu informieren.
BGH, Urteil vom 12. März 2020 - I ZR 126/18 - OLG Köln LG Bonn